gefangen. Andere hätten als arme Handlungs¬ diener sich ihren Patronen nothwendig gemacht, und wären endlich zu ihren Schwiegersöhnen erhoben worden; noch andre hätten einen klei¬ nen Kram mit Schwefelfaden und dergleichen so erweitert und veredelt, daß sie nun als reiche Kauf- und Handelsmänner erschienen. Besonders sollte jungen Leuten, die gut auf den Beinen wären, das Beyläufer- und Mäklerhandwerk und die Uebernahme von al¬ lerley Aufträgen und Besorgungen für unbe¬ hülfliche Wohlhabende, durchaus ernährend und einträglich seyn. Wir alle hörten das gern, und Jeder dünkte sich etwas, wenn er sich in dem Augenblick vorstellte, daß in ihm selbst so viel verhanden sey, nicht nur um in der Welt fortzukommen, sondern sogar ein außerordentliches Glück zu machen. Niemand jedoch schien dieß Gespräch ernstlicher zu füh¬ ren, als Pylades, der zuletzt gestand, daß er ein Mädchen außerordentlich liebe und sich wirklich mit ihr versprochen habe. Die
gefangen. Andere haͤtten als arme Handlungs¬ diener ſich ihren Patronen nothwendig gemacht, und waͤren endlich zu ihren Schwiegerſoͤhnen erhoben worden; noch andre haͤtten einen klei¬ nen Kram mit Schwefelfaden und dergleichen ſo erweitert und veredelt, daß ſie nun als reiche Kauf- und Handelsmaͤnner erſchienen. Beſonders ſollte jungen Leuten, die gut auf den Beinen waͤren, das Beylaͤufer- und Maͤklerhandwerk und die Uebernahme von al¬ lerley Auftraͤgen und Beſorgungen fuͤr unbe¬ huͤlfliche Wohlhabende, durchaus ernaͤhrend und eintraͤglich ſeyn. Wir alle hoͤrten das gern, und Jeder duͤnkte ſich etwas, wenn er ſich in dem Augenblick vorſtellte, daß in ihm ſelbſt ſo viel verhanden ſey, nicht nur um in der Welt fortzukommen, ſondern ſogar ein außerordentliches Gluͤck zu machen. Niemand jedoch ſchien dieß Geſpraͤch ernſtlicher zu fuͤh¬ ren, als Pylades, der zuletzt geſtand, daß er ein Maͤdchen außerordentlich liebe und ſich wirklich mit ihr verſprochen habe. Die
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0426"n="410"/>
gefangen. Andere haͤtten als arme Handlungs¬<lb/>
diener ſich ihren Patronen nothwendig gemacht,<lb/>
und waͤren endlich zu ihren Schwiegerſoͤhnen<lb/>
erhoben worden; noch andre haͤtten einen klei¬<lb/>
nen Kram mit Schwefelfaden und dergleichen<lb/>ſo erweitert und veredelt, daß ſie nun als<lb/>
reiche Kauf- und Handelsmaͤnner erſchienen.<lb/>
Beſonders ſollte jungen Leuten, die gut auf<lb/>
den Beinen waͤren, das Beylaͤufer- und<lb/>
Maͤklerhandwerk und die Uebernahme von al¬<lb/>
lerley Auftraͤgen und Beſorgungen fuͤr unbe¬<lb/>
huͤlfliche Wohlhabende, durchaus ernaͤhrend<lb/>
und eintraͤglich ſeyn. Wir alle hoͤrten das<lb/>
gern, und Jeder duͤnkte ſich etwas, wenn er<lb/>ſich in dem Augenblick vorſtellte, daß in ihm<lb/>ſelbſt ſo viel verhanden ſey, nicht nur um in<lb/>
der Welt fortzukommen, ſondern ſogar ein<lb/>
außerordentliches Gluͤck zu machen. Niemand<lb/>
jedoch ſchien dieß Geſpraͤch ernſtlicher zu fuͤh¬<lb/>
ren, als Pylades, der zuletzt geſtand, daß<lb/>
er ein Maͤdchen außerordentlich liebe und<lb/>ſich wirklich mit ihr verſprochen habe. Die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[410/0426]
gefangen. Andere haͤtten als arme Handlungs¬
diener ſich ihren Patronen nothwendig gemacht,
und waͤren endlich zu ihren Schwiegerſoͤhnen
erhoben worden; noch andre haͤtten einen klei¬
nen Kram mit Schwefelfaden und dergleichen
ſo erweitert und veredelt, daß ſie nun als
reiche Kauf- und Handelsmaͤnner erſchienen.
Beſonders ſollte jungen Leuten, die gut auf
den Beinen waͤren, das Beylaͤufer- und
Maͤklerhandwerk und die Uebernahme von al¬
lerley Auftraͤgen und Beſorgungen fuͤr unbe¬
huͤlfliche Wohlhabende, durchaus ernaͤhrend
und eintraͤglich ſeyn. Wir alle hoͤrten das
gern, und Jeder duͤnkte ſich etwas, wenn er
ſich in dem Augenblick vorſtellte, daß in ihm
ſelbſt ſo viel verhanden ſey, nicht nur um in
der Welt fortzukommen, ſondern ſogar ein
außerordentliches Gluͤck zu machen. Niemand
jedoch ſchien dieß Geſpraͤch ernſtlicher zu fuͤh¬
ren, als Pylades, der zuletzt geſtand, daß
er ein Maͤdchen außerordentlich liebe und
ſich wirklich mit ihr verſprochen habe. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/426>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.