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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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wollte von allem Rechenschaft haben, daß
ich mit der Bemerkung laut ward: Sieht es
doch aus, als wolltet Ihr mir ins Handwerk
greifen und mir die Kundschaft entziehen. --
"Ich will es nicht läugnen, sagte jener lächelnd:
denn ich thue Euch dadurch keinen Schaden.
Wie lange wird's währen, so geht Ihr auf
die Akademie, und bis dahin laßt mich noch
immer etwas bey Euch profitiren." -- Herz¬
lich gern, versetzte ich, und munterte ihn
auf, selbst eine Disposition zu machen, ein
Sylbenmaß nach dem Character des Gegen¬
standes zu wählen, und was etwa sonst noch
nöthig scheinen mochte. Er ging mit Ernst
an die Sache; aber es wollte nicht glücken.
Ich mußte zuletzt immer daran so viel umschrei¬
ben, daß ich es leichter und besser von vorn
herein selbst geleistet hätte. Dieses Lehren
und Lernen jedoch, dieses Mittheilen, diese
Wechselarbeit gab uns eine gute Unterhaltung;
Gretchen, nahm Theil daran und hatte man¬
chen artigen Einfall, so daß wir alle vergnügt,

wollte von allem Rechenſchaft haben, daß
ich mit der Bemerkung laut ward: Sieht es
doch aus, als wolltet Ihr mir ins Handwerk
greifen und mir die Kundſchaft entziehen. —
„Ich will es nicht laͤugnen, ſagte jener laͤchelnd:
denn ich thue Euch dadurch keinen Schaden.
Wie lange wird's waͤhren, ſo geht Ihr auf
die Akademie, und bis dahin laßt mich noch
immer etwas bey Euch profitiren.“ — Herz¬
lich gern, verſetzte ich, und munterte ihn
auf, ſelbſt eine Dispoſition zu machen, ein
Sylbenmaß nach dem Character des Gegen¬
ſtandes zu waͤhlen, und was etwa ſonst noch
noͤthig ſcheinen mochte. Er ging mit Ernſt
an die Sache; aber es wollte nicht gluͤcken.
Ich mußte zuletzt immer daran ſo viel umſchrei¬
ben, daß ich es leichter und beſſer von vorn
herein ſelbſt geleiſtet haͤtte. Dieſes Lehren
und Lernen jedoch, dieſes Mittheilen, dieſe
Wechſelarbeit gab uns eine gute Unterhaltung;
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chen artigen Einfall, ſo daß wir alle vergnuͤgt,

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[426/0442] wollte von allem Rechenſchaft haben, daß ich mit der Bemerkung laut ward: Sieht es doch aus, als wolltet Ihr mir ins Handwerk greifen und mir die Kundſchaft entziehen. — „Ich will es nicht laͤugnen, ſagte jener laͤchelnd: denn ich thue Euch dadurch keinen Schaden. Wie lange wird's waͤhren, ſo geht Ihr auf die Akademie, und bis dahin laßt mich noch immer etwas bey Euch profitiren.“ — Herz¬ lich gern, verſetzte ich, und munterte ihn auf, ſelbſt eine Dispoſition zu machen, ein Sylbenmaß nach dem Character des Gegen¬ ſtandes zu waͤhlen, und was etwa ſonst noch noͤthig ſcheinen mochte. Er ging mit Ernſt an die Sache; aber es wollte nicht gluͤcken. Ich mußte zuletzt immer daran ſo viel umſchrei¬ ben, daß ich es leichter und beſſer von vorn herein ſelbſt geleiſtet haͤtte. Dieſes Lehren und Lernen jedoch, dieſes Mittheilen, dieſe Wechſelarbeit gab uns eine gute Unterhaltung; Gretchen, nahm Theil daran und hatte man¬ chen artigen Einfall, ſo daß wir alle vergnuͤgt,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/442>, abgerufen am 24.11.2024.