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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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tragender Weltmann. Er machte überhaupt
einen sehr behaglichen Eindruck. Fürst
Esterhazy, der böhmische Gesandte, war
nicht groß aber wohlgebaut, lebhaft und zu¬
gleich vornehm anständig, ohne Stolz und
Kälte. Ich hatte eine besondre Neigung zu
ihm, weil er mich an den Marschall von
Broglio erinnerte. Doch verschwand gewis¬
sermaßen die Gestalt und Würde dieser treff¬
lichen Personen über dem Vorurtheil, das
man für den Brandenburgischen Gesandten,
Baron von Plotho, gefaßt hatte. Dieser
Mann, der durch eine gewisse Spärlichkeit
sowohl in eigner Kleidung als in Livreen
und Equipagen sich auszeichnete, war vom
siebenjährigen Kriege her als diplomatischer
Held berühmt, hatte zu Regensburg den
Notarius April, der ihm die gegen seinen
König ergangene Achtserklärung von einigen
Zeugen begleitet zu insinuiren gedachte, mit
der lakonischen Gegenrede: Was! Er insinui¬
ren? die Treppe hinuntergeworfen oder wer¬

tragender Weltmann. Er machte uͤberhaupt
einen ſehr behaglichen Eindruck. Fuͤrſt
Eſterhazy, der boͤhmiſche Geſandte, war
nicht groß aber wohlgebaut, lebhaft und zu¬
gleich vornehm anſtaͤndig, ohne Stolz und
Kaͤlte. Ich hatte eine beſondre Neigung zu
ihm, weil er mich an den Marſchall von
Broglio erinnerte. Doch verſchwand gewiſ¬
ſermaßen die Geſtalt und Wuͤrde dieſer treff¬
lichen Perſonen uͤber dem Vorurtheil, das
man fuͤr den Brandenburgiſchen Geſandten,
Baron von Plotho, gefaßt hatte. Dieſer
Mann, der durch eine gewiſſe Spaͤrlichkeit
ſowohl in eigner Kleidung als in Livreen
und Equipagen ſich auszeichnete, war vom
ſiebenjaͤhrigen Kriege her als diplomatiſcher
Held beruͤhmt, hatte zu Regensburg den
Notarius April, der ihm die gegen ſeinen
Koͤnig ergangene Achtserklaͤrung von einigen
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der lakoniſchen Gegenrede: Was! Er inſinui¬
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[432/0448] tragender Weltmann. Er machte uͤberhaupt einen ſehr behaglichen Eindruck. Fuͤrſt Eſterhazy, der boͤhmiſche Geſandte, war nicht groß aber wohlgebaut, lebhaft und zu¬ gleich vornehm anſtaͤndig, ohne Stolz und Kaͤlte. Ich hatte eine beſondre Neigung zu ihm, weil er mich an den Marſchall von Broglio erinnerte. Doch verſchwand gewiſ¬ ſermaßen die Geſtalt und Wuͤrde dieſer treff¬ lichen Perſonen uͤber dem Vorurtheil, das man fuͤr den Brandenburgiſchen Geſandten, Baron von Plotho, gefaßt hatte. Dieſer Mann, der durch eine gewiſſe Spaͤrlichkeit ſowohl in eigner Kleidung als in Livreen und Equipagen ſich auszeichnete, war vom ſiebenjaͤhrigen Kriege her als diplomatiſcher Held beruͤhmt, hatte zu Regensburg den Notarius April, der ihm die gegen ſeinen Koͤnig ergangene Achtserklaͤrung von einigen Zeugen begleitet zu inſinuiren gedachte, mit der lakoniſchen Gegenrede: Was! Er inſinui¬ ren? die Treppe hinuntergeworfen oder wer¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/448>, abgerufen am 24.11.2024.