dem Jedermann wegen seiner schönen Jüng¬ lingsgestalt geneigt war, und auf den die Welt, bey den hohen Eigenschaften die er an¬ kündigte, die größten Hoffnungen setzte.
Wir hatten uns ganz in die Vergang¬ genheit und Zukunft verloren, als einige her¬ eintretende Freunde uns wieder in die Gegen¬ wart zurückriefen. Sie waren von denen die den Werth einer Neuigkeit einsehen, und sich deswegen beeilen sie zuerst zu verkündigen. Sie wußten auch einen schönen menschlichen Zug dieser hohen Personen zu erzählen, die wir so eben in dem größten Prunk vorbeyziehen ge¬ sehn. Es war nämlich verabredet worden, daß unterwegs, zwischen Heusenstamm und je¬ nem großen Gezelte, Kaiser und König den Landgrafen von Darmstadt im Wald antref¬ fen sollten. Dieser alte, dem Grabe sich nä¬ hernde Fürst wollte noch einmal den Herrn sehen, dem er in früherer Zeit sich gewidmet. Beyde mochten sich jenes Tages erinnern, als
dem Jedermann wegen ſeiner ſchoͤnen Juͤng¬ lingsgeſtalt geneigt war, und auf den die Welt, bey den hohen Eigenſchaften die er an¬ kuͤndigte, die groͤßten Hoffnungen ſetzte.
Wir hatten uns ganz in die Vergang¬ genheit und Zukunft verloren, als einige her¬ eintretende Freunde uns wieder in die Gegen¬ wart zuruͤckriefen. Sie waren von denen die den Werth einer Neuigkeit einſehen, und ſich deswegen beeilen ſie zuerſt zu verkuͤndigen. Sie wußten auch einen ſchoͤnen menſchlichen Zug dieſer hohen Perſonen zu erzaͤhlen, die wir ſo eben in dem groͤßten Prunk vorbeyziehen ge¬ ſehn. Es war naͤmlich verabredet worden, daß unterwegs, zwiſchen Heuſenſtamm und je¬ nem großen Gezelte, Kaiſer und Koͤnig den Landgrafen von Darmſtadt im Wald antref¬ fen ſollten. Dieſer alte, dem Grabe ſich naͤ¬ hernde Fuͤrſt wollte noch einmal den Herrn ſehen, dem er in fruͤherer Zeit ſich gewidmet. Beyde mochten ſich jenes Tages erinnern, als
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dem Jedermann wegen ſeiner ſchoͤnen Juͤng¬
lingsgeſtalt geneigt war, und auf den die
Welt, bey den hohen Eigenſchaften die er an¬
kuͤndigte, die groͤßten Hoffnungen ſetzte.
Wir hatten uns ganz in die Vergang¬
genheit und Zukunft verloren, als einige her¬
eintretende Freunde uns wieder in die Gegen¬
wart zuruͤckriefen. Sie waren von denen
die den Werth einer Neuigkeit einſehen, und
ſich deswegen beeilen ſie zuerſt zu verkuͤndigen.
Sie wußten auch einen ſchoͤnen menſchlichen Zug
dieſer hohen Perſonen zu erzaͤhlen, die wir ſo
eben in dem groͤßten Prunk vorbeyziehen ge¬
ſehn. Es war naͤmlich verabredet worden,
daß unterwegs, zwiſchen Heuſenſtamm und je¬
nem großen Gezelte, Kaiſer und Koͤnig den
Landgrafen von Darmſtadt im Wald antref¬
fen ſollten. Dieſer alte, dem Grabe ſich naͤ¬
hernde Fuͤrſt wollte noch einmal den Herrn
ſehen, dem er in fruͤherer Zeit ſich gewidmet.
Beyde mochten ſich jenes Tages erinnern, als
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/479>, abgerufen am 24.11.2024.
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