auf eine edle und selbständige Weise sich, die Ihrigen und das Ganze aufzuklären, zu bes¬ sern und zu höheren Zwecken zu vereinigen gedachten. Dieser Fürst Ludwig ist es, wel¬ cher, um sich wegen der Kinderzucht Raths zu erholen, an Rousseau geschrieben hatte, dessen bekannte Antwort mit der bedenklichen Phrase anfängt: Si j'avois le malheur d'etre ne prince. --
Den Geschäften des Fürsten nicht allein, sondern auch der Erziehung seiner Kinder soll¬ te nun Schlosser wo nicht vorstehen, doch mit Rath und That willig zu Handen seyn. Dieser junge, edle, den besten Willen hegende Mann, der sich einer vollkommenen Reinig¬ keit der Sitten befliß, hätte durch eine ge¬ wisse trockene Strenge die Menschen leicht von sich entfernt, wenn nicht eine schöne und seltene litterarische Bildung, seine Sprach¬ kenntnisse, seine Fertigkeit sich schriftlich, so¬ wohl in Versen als in Prosa, auszudrücken.
auf eine edle und ſelbſtaͤndige Weiſe ſich, die Ihrigen und das Ganze aufzuklaͤren, zu beſ¬ ſern und zu hoͤheren Zwecken zu vereinigen gedachten. Dieſer Fuͤrſt Ludwig iſt es, wel¬ cher, um ſich wegen der Kinderzucht Raths zu erholen, an Rouſſeau geſchrieben hatte, deſſen bekannte Antwort mit der bedenklichen Phraſe anfaͤngt: Si j'avois le malheur d'être né prince. —
Den Geſchaͤften des Fuͤrſten nicht allein, ſondern auch der Erziehung ſeiner Kinder ſoll¬ te nun Schloſſer wo nicht vorſtehen, doch mit Rath und That willig zu Handen ſeyn. Dieſer junge, edle, den beſten Willen hegende Mann, der ſich einer vollkommenen Reinig¬ keit der Sitten befliß, haͤtte durch eine ge¬ wiſſe trockene Strenge die Menſchen leicht von ſich entfernt, wenn nicht eine ſchoͤne und ſeltene litterariſche Bildung, ſeine Sprach¬ kenntniſſe, ſeine Fertigkeit ſich ſchriftlich, ſo¬ wohl in Verſen als in Proſa, auszudruͤcken.
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auf eine edle und ſelbſtaͤndige Weiſe ſich, die
Ihrigen und das Ganze aufzuklaͤren, zu beſ¬
ſern und zu hoͤheren Zwecken zu vereinigen
gedachten. Dieſer Fuͤrſt Ludwig iſt es, wel¬
cher, um ſich wegen der Kinderzucht Raths
zu erholen, an Rouſſeau geſchrieben hatte,
deſſen bekannte Antwort mit der bedenklichen
Phraſe anfaͤngt: Si j'avois le malheur d'être
né prince. —
Den Geſchaͤften des Fuͤrſten nicht allein,
ſondern auch der Erziehung ſeiner Kinder ſoll¬
te nun Schloſſer wo nicht vorſtehen, doch
mit Rath und That willig zu Handen ſeyn.
Dieſer junge, edle, den beſten Willen hegende
Mann, der ſich einer vollkommenen Reinig¬
keit der Sitten befliß, haͤtte durch eine ge¬
wiſſe trockene Strenge die Menſchen leicht
von ſich entfernt, wenn nicht eine ſchoͤne und
ſeltene litterariſche Bildung, ſeine Sprach¬
kenntniſſe, ſeine Fertigkeit ſich ſchriftlich, ſo¬
wohl in Verſen als in Proſa, auszudruͤcken.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/133>, abgerufen am 24.11.2024.
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