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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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darbot. Auch scheint die Hauptschwierigkeit
sich ihm bald offenbart zu haben: denn das
Gedicht hat sich nicht über den ersten Gesang
hinaus erstreckt.

Unter solchen Studien und Betrachtungen
überraschte mich ein unvermuthetes Ereigniß
und vereitelte das löbliche Vorhaben, unsere
neuere Litteratur von vorne herein kennen zu
lernen. Mein Landsmann Johann Ge¬
org Schlosser
hatte, nachdem er seine
academischen Jahre mit Fleiß und Anstren¬
gung zugebracht, sich zwar in Frankfurt am
Main auf den gewöhnlichen Weg der Advo¬
catur begeben; allein sein strebender und das
Allgemeine suchender Geist konnte sich aus
mancherley Ursachen in diese Verhältnisse nicht
finden. Er nahm eine Stelle als Geheim¬
secretair bey dem Herzog Ludwig von
Würtemberg
, der sich in Treptow auf¬
hielt, ohne Bedenken an: denn der Fürst
war unter denjenigen Großen genannt, die

darbot. Auch ſcheint die Hauptſchwierigkeit
ſich ihm bald offenbart zu haben: denn das
Gedicht hat ſich nicht uͤber den erſten Geſang
hinaus erſtreckt.

Unter ſolchen Studien und Betrachtungen
uͤberraſchte mich ein unvermuthetes Ereigniß
und vereitelte das loͤbliche Vorhaben, unſere
neuere Litteratur von vorne herein kennen zu
lernen. Mein Landsmann Johann Ge¬
org Schloſſer
hatte, nachdem er ſeine
academiſchen Jahre mit Fleiß und Anſtren¬
gung zugebracht, ſich zwar in Frankfurt am
Main auf den gewoͤhnlichen Weg der Advo¬
catur begeben; allein ſein ſtrebender und das
Allgemeine ſuchender Geiſt konnte ſich aus
mancherley Urſachen in dieſe Verhaͤltniſſe nicht
finden. Er nahm eine Stelle als Geheim¬
ſecretair bey dem Herzog Ludwig von
Wuͤrtemberg
, der ſich in Treptow auf¬
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[124/0132] darbot. Auch ſcheint die Hauptſchwierigkeit ſich ihm bald offenbart zu haben: denn das Gedicht hat ſich nicht uͤber den erſten Geſang hinaus erſtreckt. Unter ſolchen Studien und Betrachtungen uͤberraſchte mich ein unvermuthetes Ereigniß und vereitelte das loͤbliche Vorhaben, unſere neuere Litteratur von vorne herein kennen zu lernen. Mein Landsmann Johann Ge¬ org Schloſſer hatte, nachdem er ſeine academiſchen Jahre mit Fleiß und Anſtren¬ gung zugebracht, ſich zwar in Frankfurt am Main auf den gewoͤhnlichen Weg der Advo¬ catur begeben; allein ſein ſtrebender und das Allgemeine ſuchender Geiſt konnte ſich aus mancherley Urſachen in dieſe Verhaͤltniſſe nicht finden. Er nahm eine Stelle als Geheim¬ ſecretair bey dem Herzog Ludwig von Wuͤrtemberg, der ſich in Treptow auf¬ hielt, ohne Bedenken an: denn der Fuͤrſt war unter denjenigen Großen genannt, die

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/132>, abgerufen am 21.11.2024.