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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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mit jenen andern bekannt, keineswegs aber ver¬
einigt befunden worden. Mein Client, durch
dessen Empfehlung an den Großvater man
mir eigentlich auf die Spur gekommen, war
einer der schlimmsten, und bewarb sich um
jenes Amt hauptsächlich, um gewisse Bu¬
benstücke unternehmen oder bedecken zu kön¬
nen. Nach allein diesem konnte ich mich zu¬
letzt nicht halten und fragte, was aus Gret¬
chen geworden sey zu der ich ein für alle¬
mal die größte Neigung bekannte. Mein
Freund schüttelte den Kopf und lächelte: "Be¬
ruhigen Sie sich, versetzte er: dieses Mäd¬
chen ist sehr wohl bestanden und hat ein Herr¬
liches Zeugniß davon getragen. Man konnte
nichts als Gutes und Liebes an ihr finden,
die Herren Examinatoren selbst wurden ihr
gewogen, und haben ihr die Entfernung aus
der Stadt, die sie wünschte, nicht versagen
können. Auch das was sie in Rücksicht auf
Sie, mein Freund, bekannt hat, macht ihr
Ehre; ich habe ihre Aussage in den geheimen

mit jenen andern bekannt, keineswegs aber ver¬
einigt befunden worden. Mein Client, durch
deſſen Empfehlung an den Großvater man
mir eigentlich auf die Spur gekommen, war
einer der ſchlimmſten, und bewarb ſich um
jenes Amt hauptſaͤchlich, um gewiſſe Bu¬
benſtuͤcke unternehmen oder bedecken zu koͤn¬
nen. Nach allein dieſem konnte ich mich zu¬
letzt nicht halten und fragte, was aus Gret¬
chen geworden ſey zu der ich ein fuͤr alle¬
mal die groͤßte Neigung bekannte. Mein
Freund ſchuͤttelte den Kopf und laͤchelte: „Be¬
ruhigen Sie ſich, verſetzte er: dieſes Maͤd¬
chen iſt ſehr wohl beſtanden und hat ein Herr¬
liches Zeugniß davon getragen. Man konnte
nichts als Gutes und Liebes an ihr finden,
die Herren Examinatoren ſelbſt wurden ihr
gewogen, und haben ihr die Entfernung aus
der Stadt, die ſie wuͤnſchte, nicht verſagen
koͤnnen. Auch das was ſie in Ruͤckſicht auf
Sie, mein Freund, bekannt hat, macht ihr
Ehre; ich habe ihre Ausſage in den geheimen

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[6/0014] mit jenen andern bekannt, keineswegs aber ver¬ einigt befunden worden. Mein Client, durch deſſen Empfehlung an den Großvater man mir eigentlich auf die Spur gekommen, war einer der ſchlimmſten, und bewarb ſich um jenes Amt hauptſaͤchlich, um gewiſſe Bu¬ benſtuͤcke unternehmen oder bedecken zu koͤn¬ nen. Nach allein dieſem konnte ich mich zu¬ letzt nicht halten und fragte, was aus Gret¬ chen geworden ſey zu der ich ein fuͤr alle¬ mal die groͤßte Neigung bekannte. Mein Freund ſchuͤttelte den Kopf und laͤchelte: „Be¬ ruhigen Sie ſich, verſetzte er: dieſes Maͤd¬ chen iſt ſehr wohl beſtanden und hat ein Herr¬ liches Zeugniß davon getragen. Man konnte nichts als Gutes und Liebes an ihr finden, die Herren Examinatoren ſelbſt wurden ihr gewogen, und haben ihr die Entfernung aus der Stadt, die ſie wuͤnſchte, nicht verſagen koͤnnen. Auch das was ſie in Ruͤckſicht auf Sie, mein Freund, bekannt hat, macht ihr Ehre; ich habe ihre Ausſage in den geheimen

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/14>, abgerufen am 27.04.2024.