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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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streitig machen, daß innerhalb des protestanti¬
schen Theils von Deutschland und der Schweiz
sich dasjenige gar lebhaft zu regen anfing,
was man Menschenverstand zu nennen pflegt.
Die Schulphilosophie, welche jederzeit das
Verdienst hat, alles dasjenige wornach der
Mensch nur fragen kann, nach angenomme¬
nen Grundsätzen, in einer beliebten Ordnung,
unter bestimmten Rubriken vorzutragen, hat¬
te sich durch das oft Dunkle und Unnützschei¬
nende ihres Inhalts, durch unzeitige Anwen¬
dung einer an sich respectabeln Methode und
durch die allzugroße Verbreitung über so viele
Gegenstände, der Menge fremd, ungenießbar
und endlich entbehrlich gemacht. Mancher
gelangte zur Ueberzeugung, daß ihm wohl
die Natur soviel guten und geraden Sinn
zur Ausstattung gegönnt habe, als er ohnge¬
fähr bedürfe, sich von den Gegenständen ei¬
nen so deutlichen Begriff zu machen, daß er
mit ihnen fertig werden, und zu seinem und
anderer Nutzen damit gebahren könne, ohne

ſtreitig machen, daß innerhalb des proteſtanti¬
ſchen Theils von Deutſchland und der Schweiz
ſich dasjenige gar lebhaft zu regen anfing,
was man Menſchenverſtand zu nennen pflegt.
Die Schulphiloſophie, welche jederzeit das
Verdienſt hat, alles dasjenige wornach der
Menſch nur fragen kann, nach angenomme¬
nen Grundſaͤtzen, in einer beliebten Ordnung,
unter beſtimmten Rubriken vorzutragen, hat¬
te ſich durch das oft Dunkle und Unnuͤtzſchei¬
nende ihres Inhalts, durch unzeitige Anwen¬
dung einer an ſich reſpectabeln Methode und
durch die allzugroße Verbreitung uͤber ſo viele
Gegenſtaͤnde, der Menge fremd, ungenießbar
und endlich entbehrlich gemacht. Mancher
gelangte zur Ueberzeugung, daß ihm wohl
die Natur ſoviel guten und geraden Sinn
zur Ausſtattung gegoͤnnt habe, als er ohnge¬
faͤhr beduͤrfe, ſich von den Gegenſtaͤnden ei¬
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[142/0150] ſtreitig machen, daß innerhalb des proteſtanti¬ ſchen Theils von Deutſchland und der Schweiz ſich dasjenige gar lebhaft zu regen anfing, was man Menſchenverſtand zu nennen pflegt. Die Schulphiloſophie, welche jederzeit das Verdienſt hat, alles dasjenige wornach der Menſch nur fragen kann, nach angenomme¬ nen Grundſaͤtzen, in einer beliebten Ordnung, unter beſtimmten Rubriken vorzutragen, hat¬ te ſich durch das oft Dunkle und Unnuͤtzſchei¬ nende ihres Inhalts, durch unzeitige Anwen¬ dung einer an ſich reſpectabeln Methode und durch die allzugroße Verbreitung uͤber ſo viele Gegenſtaͤnde, der Menge fremd, ungenießbar und endlich entbehrlich gemacht. Mancher gelangte zur Ueberzeugung, daß ihm wohl die Natur ſoviel guten und geraden Sinn zur Ausſtattung gegoͤnnt habe, als er ohnge¬ faͤhr beduͤrfe, ſich von den Gegenſtaͤnden ei¬ nen ſo deutlichen Begriff zu machen, daß er mit ihnen fertig werden, und zu ſeinem und anderer Nutzen damit gebahren koͤnne, ohne

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/150>, abgerufen am 21.11.2024.