dem großen Begriff, den die preußischen Schriftsteller von ihrem König hegen durften, bauten sie sich erst heran, und um desto eifriger, als derjenige, in dessen Namen sie alles thaten, ein für allemal nichts von ihnen wissen wollte. Schon früher war durch die französische Colonie, nachher durch die Vorliebe des Königs für die Bildung dieser Nation und für ihre Finanzan¬ stalten, eine Masse französischer Cultur nach Preußen gekommen, welche den Deutschen höchst förderlich ward, indem sie dadurch zu Widerspruch und Widerstreben aufgefordert wurden; eben so war die Abneigung Friedrichs gegen das Deutsche für die Bildung des Litte¬ rarwesens ein Glück. Man that alles, um sich von dem König bemerken zu machen, nicht etwa, um von ihm geachtet, sondern nur be¬ achtet zu werden; aber man thats auf deut¬ sche Weise, nach innerer Ueberzeugung, man that was man für recht erkannte, und wünsch¬ te und wollte, daß der König dieses deutsche Rechte anerkennen und schätzen solle. Dieß ge¬
dem großen Begriff, den die preußiſchen Schriftſteller von ihrem Koͤnig hegen durften, bauten ſie ſich erſt heran, und um deſto eifriger, als derjenige, in deſſen Namen ſie alles thaten, ein fuͤr allemal nichts von ihnen wiſſen wollte. Schon fruͤher war durch die franzoͤſiſche Colonie, nachher durch die Vorliebe des Koͤnigs fuͤr die Bildung dieſer Nation und fuͤr ihre Finanzan¬ ſtalten, eine Maſſe franzoͤſiſcher Cultur nach Preußen gekommen, welche den Deutſchen hoͤchſt foͤrderlich ward, indem ſie dadurch zu Widerſpruch und Widerſtreben aufgefordert wurden; eben ſo war die Abneigung Friedrichs gegen das Deutſche fuͤr die Bildung des Litte¬ rarweſens ein Gluͤck. Man that alles, um ſich von dem Koͤnig bemerken zu machen, nicht etwa, um von ihm geachtet, ſondern nur be¬ achtet zu werden; aber man thats auf deut¬ ſche Weiſe, nach innerer Ueberzeugung, man that was man fuͤr recht erkannte, und wuͤnſch¬ te und wollte, daß der Koͤnig dieſes deutſche Rechte anerkennen und ſchaͤtzen ſolle. Dieß ge¬
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dem großen Begriff, den die preußiſchen
Schriftſteller von ihrem Koͤnig hegen durften,
bauten ſie ſich erſt heran, und um deſto eifriger,
als derjenige, in deſſen Namen ſie alles thaten,
ein fuͤr allemal nichts von ihnen wiſſen wollte.
Schon fruͤher war durch die franzoͤſiſche Colonie,
nachher durch die Vorliebe des Koͤnigs fuͤr die
Bildung dieſer Nation und fuͤr ihre Finanzan¬
ſtalten, eine Maſſe franzoͤſiſcher Cultur nach
Preußen gekommen, welche den Deutſchen
hoͤchſt foͤrderlich ward, indem ſie dadurch zu
Widerſpruch und Widerſtreben aufgefordert
wurden; eben ſo war die Abneigung Friedrichs
gegen das Deutſche fuͤr die Bildung des Litte¬
rarweſens ein Gluͤck. Man that alles, um
ſich von dem Koͤnig bemerken zu machen, nicht
etwa, um von ihm geachtet, ſondern nur be¬
achtet zu werden; aber man thats auf deut¬
ſche Weiſe, nach innerer Ueberzeugung, man
that was man fuͤr recht erkannte, und wuͤnſch¬
te und wollte, daß der Koͤnig dieſes deutſche
Rechte anerkennen und ſchaͤtzen ſolle. Dieß ge¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/168>, abgerufen am 21.11.2024.
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