Handlungen, deren Schönheit von uns nur kurz angedeutet worden, Wiege und Grab, sie mögen zufällig noch so weit aus einander gerückt liegen, in einem stetigen Kreise ver¬ bunden.
Aber alle diese geistigen Wunder entsprie¬ ßen nicht, wie andere Früchte, dem natürli¬ chen Boden, da können sie weder gesäet noch gepflanzt noch gepflegt werden. Aus einer anderen Region muß man sie herüberstehen, welches nicht Jedem, noch zu jeder Zeit ge¬ lingen würde. Hier entgegnet uns nun das höchste dieser Symbole aus alter frommer Ueberlieferung. Wir hören, daß ein Mensch vor dem andern von Oben begünstigt, geseg¬ net und geheiligt werden könne. Damit aber dieß ja nicht als Naturgabe erscheine; so muß diese große, mit einer schweren Pflicht ver¬ bundene Gunst von einem Berechtigten auf den anderen übergetragen, und das größte Gut, was ein Mensch erlangen kann, ohne
Handlungen, deren Schoͤnheit von uns nur kurz angedeutet worden, Wiege und Grab, ſie moͤgen zufaͤllig noch ſo weit aus einander geruͤckt liegen, in einem ſtetigen Kreiſe ver¬ bunden.
Aber alle dieſe geiſtigen Wunder entſprie¬ ßen nicht, wie andere Fruͤchte, dem natuͤrli¬ chen Boden, da koͤnnen ſie weder geſaͤet noch gepflanzt noch gepflegt werden. Aus einer anderen Region muß man ſie heruͤberſtehen, welches nicht Jedem, noch zu jeder Zeit ge¬ lingen wuͤrde. Hier entgegnet uns nun das hoͤchſte dieſer Symbole aus alter frommer Ueberlieferung. Wir hoͤren, daß ein Menſch vor dem andern von Oben beguͤnſtigt, geſeg¬ net und geheiligt werden koͤnne. Damit aber dieß ja nicht als Naturgabe erſcheine; ſo muß dieſe große, mit einer ſchweren Pflicht ver¬ bundene Gunſt von einem Berechtigten auf den anderen uͤbergetragen, und das groͤßte Gut, was ein Menſch erlangen kann, ohne
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Handlungen, deren Schoͤnheit von uns nur
kurz angedeutet worden, Wiege und Grab,
ſie moͤgen zufaͤllig noch ſo weit aus einander
geruͤckt liegen, in einem ſtetigen Kreiſe ver¬
bunden.
Aber alle dieſe geiſtigen Wunder entſprie¬
ßen nicht, wie andere Fruͤchte, dem natuͤrli¬
chen Boden, da koͤnnen ſie weder geſaͤet noch
gepflanzt noch gepflegt werden. Aus einer
anderen Region muß man ſie heruͤberſtehen,
welches nicht Jedem, noch zu jeder Zeit ge¬
lingen wuͤrde. Hier entgegnet uns nun das
hoͤchſte dieſer Symbole aus alter frommer
Ueberlieferung. Wir hoͤren, daß ein Menſch
vor dem andern von Oben beguͤnſtigt, geſeg¬
net und geheiligt werden koͤnne. Damit aber
dieß ja nicht als Naturgabe erſcheine; ſo muß
dieſe große, mit einer ſchweren Pflicht ver¬
bundene Gunſt von einem Berechtigten auf
den anderen uͤbergetragen, und das groͤßte
Gut, was ein Menſch erlangen kann, ohne
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/194>, abgerufen am 18.12.2024.
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