Scheingestalten waren; so verwünschte ich den gesammten Olymp, warf das ganze mythi¬ sche Pantheon weg, und seit jener Zeit sind Amor und Luna die einzigen Gottheiten, die in meinen kleinen Gedichten allenfalls auf¬ treten.
Unter den Personen, welche sich Behrisch zu Zielscheiben seines Witzes erlesen hatte, stand gerade Clodius oben an; auch war es nicht schwer, ihm eine comische Seite abzu¬ gewinnen. Als eine kleine, etwas starke, ge¬ drängte Figur war er in seinen Bewegungen heftig, etwas fahrig in seinen Aeußerungen und unstät in seinem Betragen. Durch alles dieß unterschied er sich von seinen Mitbür¬ gern, die ihn jedoch, wegen seiner guten Ei¬ genschaften und der schönen Hoffnungen die er gab, recht gern gelten ließen.
Man übertrug ihm gewöhnlich die Gedich¬ te, welche sich bey feyerlichen Gelegenheiten
14 *
Scheingeſtalten waren; ſo verwuͤnſchte ich den geſammten Olymp, warf das ganze mythi¬ ſche Pantheon weg, und ſeit jener Zeit ſind Amor und Luna die einzigen Gottheiten, die in meinen kleinen Gedichten allenfalls auf¬ treten.
Unter den Perſonen, welche ſich Behriſch zu Zielſcheiben ſeines Witzes erleſen hatte, ſtand gerade Clodius oben an; auch war es nicht ſchwer, ihm eine comiſche Seite abzu¬ gewinnen. Als eine kleine, etwas ſtarke, ge¬ draͤngte Figur war er in ſeinen Bewegungen heftig, etwas fahrig in ſeinen Aeußerungen und unſtaͤt in ſeinem Betragen. Durch alles dieß unterſchied er ſich von ſeinen Mitbuͤr¬ gern, die ihn jedoch, wegen ſeiner guten Ei¬ genſchaften und der ſchoͤnen Hoffnungen die er gab, recht gern gelten ließen.
Man uͤbertrug ihm gewoͤhnlich die Gedich¬ te, welche ſich bey feyerlichen Gelegenheiten
14 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0219"n="211"/>
Scheingeſtalten waren; ſo verwuͤnſchte ich den<lb/>
geſammten Olymp, warf das ganze mythi¬<lb/>ſche Pantheon weg, und ſeit jener Zeit ſind<lb/>
Amor und Luna die einzigen Gottheiten, die<lb/>
in meinen kleinen Gedichten allenfalls auf¬<lb/>
treten.</p><lb/><p>Unter den Perſonen, welche ſich Behriſch<lb/>
zu Zielſcheiben ſeines Witzes erleſen hatte,<lb/>ſtand gerade Clodius oben an; auch war es<lb/>
nicht ſchwer, ihm eine comiſche Seite abzu¬<lb/>
gewinnen. Als eine kleine, etwas ſtarke, ge¬<lb/>
draͤngte Figur war er in ſeinen Bewegungen<lb/>
heftig, etwas fahrig in ſeinen Aeußerungen<lb/>
und unſtaͤt in ſeinem Betragen. Durch alles<lb/>
dieß unterſchied er ſich von ſeinen Mitbuͤr¬<lb/>
gern, die ihn jedoch, wegen ſeiner guten Ei¬<lb/>
genſchaften und der ſchoͤnen Hoffnungen die<lb/>
er gab, recht gern gelten ließen.</p><lb/><p>Man uͤbertrug ihm gewoͤhnlich die Gedich¬<lb/>
te, welche ſich bey feyerlichen Gelegenheiten<lb/><fwplace="bottom"type="sig">14 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[211/0219]
Scheingeſtalten waren; ſo verwuͤnſchte ich den
geſammten Olymp, warf das ganze mythi¬
ſche Pantheon weg, und ſeit jener Zeit ſind
Amor und Luna die einzigen Gottheiten, die
in meinen kleinen Gedichten allenfalls auf¬
treten.
Unter den Perſonen, welche ſich Behriſch
zu Zielſcheiben ſeines Witzes erleſen hatte,
ſtand gerade Clodius oben an; auch war es
nicht ſchwer, ihm eine comiſche Seite abzu¬
gewinnen. Als eine kleine, etwas ſtarke, ge¬
draͤngte Figur war er in ſeinen Bewegungen
heftig, etwas fahrig in ſeinen Aeußerungen
und unſtaͤt in ſeinem Betragen. Durch alles
dieß unterſchied er ſich von ſeinen Mitbuͤr¬
gern, die ihn jedoch, wegen ſeiner guten Ei¬
genſchaften und der ſchoͤnen Hoffnungen die
er gab, recht gern gelten ließen.
Man uͤbertrug ihm gewoͤhnlich die Gedich¬
te, welche ſich bey feyerlichen Gelegenheiten
14 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/219>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.