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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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gnügliche Unterhaltung bis tief in die Nacht
erfolgte.

Unglücklicher Weise hatte Behrisch und
wir durch ihn, noch einen gewissen anderen
Hang zu einigen Mädchen, welche besser wa¬
ren als ihr Ruf; wodurch denn aber unser
Ruf nicht gefördert werden konnte. Man
hatte uns manchmal in ihrem Garten gesehen,
und wir lenkten auch wohl unsern Spazir¬
gang dahin, wenn der junge Graf dabey war.
Dieses alles mochte zusammen aufgespart und
dem Vater zuletzt berichtet worden seyn: ge¬
nug er suchte auf eine glimpfliche Weise den
Hofmeister los zu werden, dem es jedoch zum
Glück gereichte. Sein gutes Aeußere, seine
Kenntnisse und Talente, seine Rechtschaffen¬
heit, an der Niemand etwas auszusetzen wu߬
te, hatten ihm die Neigung und Achtung vor¬
züglicher Personen erworben, auf deren Em¬
pfehlung er zu dem Erbprinzen von Dessau
als Erzieher berufen wurde, und an dem Ho¬

gnuͤgliche Unterhaltung bis tief in die Nacht
erfolgte.

Ungluͤcklicher Weiſe hatte Behriſch und
wir durch ihn, noch einen gewiſſen anderen
Hang zu einigen Maͤdchen, welche beſſer wa¬
ren als ihr Ruf; wodurch denn aber unſer
Ruf nicht gefoͤrdert werden konnte. Man
hatte uns manchmal in ihrem Garten geſehen,
und wir lenkten auch wohl unſern Spazir¬
gang dahin, wenn der junge Graf dabey war.
Dieſes alles mochte zuſammen aufgeſpart und
dem Vater zuletzt berichtet worden ſeyn: ge¬
nug er ſuchte auf eine glimpfliche Weiſe den
Hofmeiſter los zu werden, dem es jedoch zum
Gluͤck gereichte. Sein gutes Aeußere, ſeine
Kenntniſſe und Talente, ſeine Rechtſchaffen¬
heit, an der Niemand etwas auszuſetzen wu߬
te, hatten ihm die Neigung und Achtung vor¬
zuͤglicher Perſonen erworben, auf deren Em¬
pfehlung er zu dem Erbprinzen von Deſſau
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[221/0229] gnuͤgliche Unterhaltung bis tief in die Nacht erfolgte. Ungluͤcklicher Weiſe hatte Behriſch und wir durch ihn, noch einen gewiſſen anderen Hang zu einigen Maͤdchen, welche beſſer wa¬ ren als ihr Ruf; wodurch denn aber unſer Ruf nicht gefoͤrdert werden konnte. Man hatte uns manchmal in ihrem Garten geſehen, und wir lenkten auch wohl unſern Spazir¬ gang dahin, wenn der junge Graf dabey war. Dieſes alles mochte zuſammen aufgeſpart und dem Vater zuletzt berichtet worden ſeyn: ge¬ nug er ſuchte auf eine glimpfliche Weiſe den Hofmeiſter los zu werden, dem es jedoch zum Gluͤck gereichte. Sein gutes Aeußere, ſeine Kenntniſſe und Talente, ſeine Rechtſchaffen¬ heit, an der Niemand etwas auszuſetzen wu߬ te, hatten ihm die Neigung und Achtung vor¬ zuͤglicher Perſonen erworben, auf deren Em¬ pfehlung er zu dem Erbprinzen von Deſſau als Erzieher berufen wurde, und an dem Ho¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/229>, abgerufen am 10.05.2024.