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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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war für mich höchst reizend. In dem alten
Schlosse Pleißenburg ging man rechts in der
Ecke eine erneute heitre Wendeltreppe hinauf.
Die Säle der Zeichenacademie, deren Direc¬
tor er war, fand man sodann links, hell und
geräumig; aber zu ihm selbst gelangte man
nur durch einen engen dunklen Gang, an des¬
sen Ende man erst den Eintritt zu seinen Zim¬
mern suchte, zwischen deren Reihe und einem
weitläuftigen Kernboden man so eben herge¬
gangen war. Das erste Gemach war mit
Bildern geschmückt aus der späteren italieni¬
schen Schule, von Meistern, deren Anmuth
er höchlich zu preisen pflegte. Da ich Pri¬
vatstunden mit einigen Edelleuten bey ihm ge¬
nommen hatte, so war uns erlaubt, hier zu
zeichnen, und wir gelangten auch manchmal
in sein daranstoßendes inneres Cabinet, wel¬
ches zugleich seine wenigen Bücher, Kunst-
und Naturaliensammlungen und was ihn
sonst zunächst interessiren mochte, enthielt. Al¬
les war mit Geschmack, einfach und derge¬

war fuͤr mich hoͤchſt reizend. In dem alten
Schloſſe Pleißenburg ging man rechts in der
Ecke eine erneute heitre Wendeltreppe hinauf.
Die Saͤle der Zeichenacademie, deren Direc¬
tor er war, fand man ſodann links, hell und
geraͤumig; aber zu ihm ſelbſt gelangte man
nur durch einen engen dunklen Gang, an deſ¬
ſen Ende man erſt den Eintritt zu ſeinen Zim¬
mern ſuchte, zwiſchen deren Reihe und einem
weitlaͤuftigen Kernboden man ſo eben herge¬
gangen war. Das erſte Gemach war mit
Bildern geſchmuͤckt aus der ſpaͤteren italieni¬
ſchen Schule, von Meiſtern, deren Anmuth
er hoͤchlich zu preiſen pflegte. Da ich Pri¬
vatſtunden mit einigen Edelleuten bey ihm ge¬
nommen hatte, ſo war uns erlaubt, hier zu
zeichnen, und wir gelangten auch manchmal
in ſein daranſtoßendes inneres Cabinet, wel¬
ches zugleich ſeine wenigen Buͤcher, Kunſt-
und Naturalienſammlungen und was ihn
ſonſt zunaͤchſt intereſſiren mochte, enthielt. Al¬
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[232/0240] war fuͤr mich hoͤchſt reizend. In dem alten Schloſſe Pleißenburg ging man rechts in der Ecke eine erneute heitre Wendeltreppe hinauf. Die Saͤle der Zeichenacademie, deren Direc¬ tor er war, fand man ſodann links, hell und geraͤumig; aber zu ihm ſelbſt gelangte man nur durch einen engen dunklen Gang, an deſ¬ ſen Ende man erſt den Eintritt zu ſeinen Zim¬ mern ſuchte, zwiſchen deren Reihe und einem weitlaͤuftigen Kernboden man ſo eben herge¬ gangen war. Das erſte Gemach war mit Bildern geſchmuͤckt aus der ſpaͤteren italieni¬ ſchen Schule, von Meiſtern, deren Anmuth er hoͤchlich zu preiſen pflegte. Da ich Pri¬ vatſtunden mit einigen Edelleuten bey ihm ge¬ nommen hatte, ſo war uns erlaubt, hier zu zeichnen, und wir gelangten auch manchmal in ſein daranſtoßendes inneres Cabinet, wel¬ ches zugleich ſeine wenigen Buͤcher, Kunſt- und Naturalienſammlungen und was ihn ſonſt zunaͤchſt intereſſiren mochte, enthielt. Al¬ les war mit Geſchmack, einfach und derge¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/240>, abgerufen am 24.11.2024.