Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Dienste geleistet, und seine Gelehrsamkeit zu
wahrer Förderung derselben angewendet habe.
Heinecke dagegen durfte nicht wohl genannt
werden, theils weil er sich mit den allzukind¬
lichen Anfängen der deutschen Kunst, welche
Oeser wenig schätzte, gar zu emsig abgab,
theils weil er einmal mit Winkelmann unsäu¬
berlich verfahren war, welches ihm denn nie¬
mals verziehen werden konnte. Auf Lipperts
Bemühungen jedoch ward unsere Aufmerksam¬
keit kräftig hingeleitet, indem unser Lehrer das
Verdienst derselben genugsam herauszusetzen
wußte. Denn obgleich, sagte er, die Sta¬
tuen und größeren Bildwerke Grund und Gi¬
pfel aller Kunstkenntniß blieben, so seyen sie
doch sowohl im Original, als Abguß selten zu
sehen, dahingegen durch Lippert eine kleine
Welt von Gemmen bekannt werde, in wel¬
cher der Alten faßlicheres Verdienst, glückliche
Erfindung, zweckmäßige Zusammenstellung, ge¬
schmackvolle Behandlung, auffallender und be¬
greiflicher werde, auch bey so großer Menge

16 *

Dienſte geleiſtet, und ſeine Gelehrſamkeit zu
wahrer Foͤrderung derſelben angewendet habe.
Heinecke dagegen durfte nicht wohl genannt
werden, theils weil er ſich mit den allzukind¬
lichen Anfaͤngen der deutſchen Kunſt, welche
Oeſer wenig ſchaͤtzte, gar zu emſig abgab,
theils weil er einmal mit Winkelmann unſaͤu¬
berlich verfahren war, welches ihm denn nie¬
mals verziehen werden konnte. Auf Lipperts
Bemuͤhungen jedoch ward unſere Aufmerkſam¬
keit kraͤftig hingeleitet, indem unſer Lehrer das
Verdienſt derſelben genugſam herauszuſetzen
wußte. Denn obgleich, ſagte er, die Sta¬
tuen und groͤßeren Bildwerke Grund und Gi¬
pfel aller Kunſtkenntniß blieben, ſo ſeyen ſie
doch ſowohl im Original, als Abguß ſelten zu
ſehen, dahingegen durch Lippert eine kleine
Welt von Gemmen bekannt werde, in wel¬
cher der Alten faßlicheres Verdienſt, gluͤckliche
Erfindung, zweckmaͤßige Zuſammenſtellung, ge¬
ſchmackvolle Behandlung, auffallender und be¬
greiflicher werde, auch bey ſo großer Menge

16 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0251" n="243"/>
Dien&#x017F;te gelei&#x017F;tet, und &#x017F;eine Gelehr&#x017F;amkeit zu<lb/>
wahrer Fo&#x0364;rderung der&#x017F;elben angewendet habe.<lb/><hi rendition="#g">Heinecke</hi> dagegen durfte nicht wohl genannt<lb/>
werden, theils weil er &#x017F;ich mit den allzukind¬<lb/>
lichen Anfa&#x0364;ngen der deut&#x017F;chen Kun&#x017F;t, welche<lb/>
Oe&#x017F;er wenig &#x017F;cha&#x0364;tzte, gar zu em&#x017F;ig abgab,<lb/>
theils weil er einmal mit Winkelmann un&#x017F;a&#x0364;<lb/>
berlich verfahren war, welches ihm denn nie¬<lb/>
mals verziehen werden konnte. Auf <hi rendition="#g">Lipperts</hi><lb/>
Bemu&#x0364;hungen jedoch ward un&#x017F;ere Aufmerk&#x017F;am¬<lb/>
keit kra&#x0364;ftig hingeleitet, indem un&#x017F;er Lehrer das<lb/>
Verdien&#x017F;t der&#x017F;elben genug&#x017F;am herauszu&#x017F;etzen<lb/>
wußte. Denn obgleich, &#x017F;agte er, die Sta¬<lb/>
tuen und gro&#x0364;ßeren Bildwerke Grund und Gi¬<lb/>
pfel aller Kun&#x017F;tkenntniß blieben, &#x017F;o &#x017F;eyen &#x017F;ie<lb/>
doch &#x017F;owohl im Original, als Abguß &#x017F;elten zu<lb/>
&#x017F;ehen, dahingegen durch Lippert eine kleine<lb/>
Welt von Gemmen bekannt werde, in wel¬<lb/>
cher der Alten faßlicheres Verdien&#x017F;t, glu&#x0364;ckliche<lb/>
Erfindung, zweckma&#x0364;ßige Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung, ge¬<lb/>
&#x017F;chmackvolle Behandlung, auffallender und be¬<lb/>
greiflicher werde, auch bey &#x017F;o großer Menge<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">16 *<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0251] Dienſte geleiſtet, und ſeine Gelehrſamkeit zu wahrer Foͤrderung derſelben angewendet habe. Heinecke dagegen durfte nicht wohl genannt werden, theils weil er ſich mit den allzukind¬ lichen Anfaͤngen der deutſchen Kunſt, welche Oeſer wenig ſchaͤtzte, gar zu emſig abgab, theils weil er einmal mit Winkelmann unſaͤu¬ berlich verfahren war, welches ihm denn nie¬ mals verziehen werden konnte. Auf Lipperts Bemuͤhungen jedoch ward unſere Aufmerkſam¬ keit kraͤftig hingeleitet, indem unſer Lehrer das Verdienſt derſelben genugſam herauszuſetzen wußte. Denn obgleich, ſagte er, die Sta¬ tuen und groͤßeren Bildwerke Grund und Gi¬ pfel aller Kunſtkenntniß blieben, ſo ſeyen ſie doch ſowohl im Original, als Abguß ſelten zu ſehen, dahingegen durch Lippert eine kleine Welt von Gemmen bekannt werde, in wel¬ cher der Alten faßlicheres Verdienſt, gluͤckliche Erfindung, zweckmaͤßige Zuſammenſtellung, ge¬ ſchmackvolle Behandlung, auffallender und be¬ greiflicher werde, auch bey ſo großer Menge 16 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/251
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/251>, abgerufen am 21.11.2024.