los, oder zu unfaßlichen Formen gebildet, uns mit einer Größe umgeben muß, der wir nicht gewachsen sind.
Eine solche Stimmung der Seele empfin¬ den, mehr oder weniger, alle Menschen, so wie sie dieses edle Bedürfniß auf mancherley Weise zu befriedigen suchen. Aber wie das Erhabene von Dämmerung und Nacht, wo sich die Gestalten vereinigen, gar leicht erzeugt wird, so wird es dagegen vom Tage ver¬ scheucht, der alles sondert und trennt, und so muß es auch durch jede wachsende Bildung vernichtet werden, wenn es nicht glücklich ge¬ nug ist, sich zu dem Schönen zu flüchten und sich innig mit ihm zu vereinigen, wodurch denn beyde gleich unsterblich und unverwüst¬ lich sind.
Die kurzen Augenblicke solcher Genüsse verkürzte mir noch mein denkender Freund, aber ganz umsonst versuchte ich, wenn ich
los, oder zu unfaßlichen Formen gebildet, uns mit einer Groͤße umgeben muß, der wir nicht gewachſen ſind.
Eine ſolche Stimmung der Seele empfin¬ den, mehr oder weniger, alle Menſchen, ſo wie ſie dieſes edle Beduͤrfniß auf mancherley Weiſe zu befriedigen ſuchen. Aber wie das Erhabene von Daͤmmerung und Nacht, wo ſich die Geſtalten vereinigen, gar leicht erzeugt wird, ſo wird es dagegen vom Tage ver¬ ſcheucht, der alles ſondert und trennt, und ſo muß es auch durch jede wachſende Bildung vernichtet werden, wenn es nicht gluͤcklich ge¬ nug iſt, ſich zu dem Schoͤnen zu fluͤchten und ſich innig mit ihm zu vereinigen, wodurch denn beyde gleich unſterblich und unverwuͤſt¬ lich ſind.
Die kurzen Augenblicke ſolcher Genuͤſſe verkuͤrzte mir noch mein denkender Freund, aber ganz umſonſt verſuchte ich, wenn ich
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los, oder zu unfaßlichen Formen gebildet, uns
mit einer Groͤße umgeben muß, der wir nicht
gewachſen ſind.
Eine ſolche Stimmung der Seele empfin¬
den, mehr oder weniger, alle Menſchen, ſo
wie ſie dieſes edle Beduͤrfniß auf mancherley
Weiſe zu befriedigen ſuchen. Aber wie das
Erhabene von Daͤmmerung und Nacht, wo
ſich die Geſtalten vereinigen, gar leicht erzeugt
wird, ſo wird es dagegen vom Tage ver¬
ſcheucht, der alles ſondert und trennt, und ſo
muß es auch durch jede wachſende Bildung
vernichtet werden, wenn es nicht gluͤcklich ge¬
nug iſt, ſich zu dem Schoͤnen zu fluͤchten und
ſich innig mit ihm zu vereinigen, wodurch
denn beyde gleich unſterblich und unverwuͤſt¬
lich ſind.
Die kurzen Augenblicke ſolcher Genuͤſſe
verkuͤrzte mir noch mein denkender Freund,
aber ganz umſonſt verſuchte ich, wenn ich
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/26>, abgerufen am 21.11.2024.
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