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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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zu wecken. Doctor Reichel wurde gerufen,
der mir aufs freundlichste hülfreich ward, und
so schwankte ich mehrere Tage zwischen Leben
und Tod, und selbst die Freude an einer er¬
folgenden Besserung wurde dadurch vergällt,
daß sich, bey jener Eruption, zugleich ein Ge¬
schwulst an der linken Seite des Halses ge¬
bildet hatte, den man jetzt erst, nach vorü¬
bergegangner Gefahr, zu bemerken Zeit fand.
Genesung ist jedoch immer angenehm und er¬
freulich, wenn sie auch langsam und kümmer¬
lich von Statten geht, und da bey mir sich
die Natur geholfen, so schien ich auch nun¬
mehr ein anderer Mensch geworden zu seyn:
denn ich hatte eine größere Heiterkeit des
Geistes gewonnen, als ich mir lange nicht ge¬
kannt, ich war froh mein Inneres frey zu füh¬
len, wenn mich gleich äußerlich ein langwieri¬
ges Leiden bedrohte.

Was mich aber in dieser Zeit besonders
aufrichtete, war zu sehen, wie viel vorzügliche

zu wecken. Doctor Reichel wurde gerufen,
der mir aufs freundlichſte huͤlfreich ward, und
ſo ſchwankte ich mehrere Tage zwiſchen Leben
und Tod, und ſelbſt die Freude an einer er¬
folgenden Beſſerung wurde dadurch vergaͤllt,
daß ſich, bey jener Eruption, zugleich ein Ge¬
ſchwulſt an der linken Seite des Halſes ge¬
bildet hatte, den man jetzt erſt, nach voruͤ¬
bergegangner Gefahr, zu bemerken Zeit fand.
Geneſung iſt jedoch immer angenehm und er¬
freulich, wenn ſie auch langſam und kuͤmmer¬
lich von Statten geht, und da bey mir ſich
die Natur geholfen, ſo ſchien ich auch nun¬
mehr ein anderer Menſch geworden zu ſeyn:
denn ich hatte eine groͤßere Heiterkeit des
Geiſtes gewonnen, als ich mir lange nicht ge¬
kannt, ich war froh mein Inneres frey zu fuͤh¬
len, wenn mich gleich aͤußerlich ein langwieri¬
ges Leiden bedrohte.

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aufrichtete, war zu ſehen, wie viel vorzuͤgliche

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[283/0291] zu wecken. Doctor Reichel wurde gerufen, der mir aufs freundlichſte huͤlfreich ward, und ſo ſchwankte ich mehrere Tage zwiſchen Leben und Tod, und ſelbſt die Freude an einer er¬ folgenden Beſſerung wurde dadurch vergaͤllt, daß ſich, bey jener Eruption, zugleich ein Ge¬ ſchwulſt an der linken Seite des Halſes ge¬ bildet hatte, den man jetzt erſt, nach voruͤ¬ bergegangner Gefahr, zu bemerken Zeit fand. Geneſung iſt jedoch immer angenehm und er¬ freulich, wenn ſie auch langſam und kuͤmmer¬ lich von Statten geht, und da bey mir ſich die Natur geholfen, ſo ſchien ich auch nun¬ mehr ein anderer Menſch geworden zu ſeyn: denn ich hatte eine groͤßere Heiterkeit des Geiſtes gewonnen, als ich mir lange nicht ge¬ kannt, ich war froh mein Inneres frey zu fuͤh¬ len, wenn mich gleich aͤußerlich ein langwieri¬ ges Leiden bedrohte. Was mich aber in dieſer Zeit beſonders aufrichtete, war zu ſehen, wie viel vorzuͤgliche

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/291>, abgerufen am 21.11.2024.