an, auf das Tassenpaar und auf dieses und jenes. Der Jüngere, betroffen, suchte heiter und verständig auszuweichen, wie es unter Menschen von Lebensart die Gewohnheit ist; allein der Alte fuhr fort schonungslos unar¬ tig zu seyn, daß dem andern nichts übrig blieb, als Hut und Stock zu ergreifen, und beym Abschiede eine ziemlich unzweydeutige Ausforderung zurückzulassen. Nun brach die Furie des Hauptmanns und um desto hefti¬ ger los, als er in der Zwischenzeit noch eine Flasche Wein beynahe ganz allein ausgetrun¬ ken hatte. Er schlug mit der Faust auf den Tisch und rief mehr als einmal: den schlag ich todt. Es war aber eigentlich so bös nicht gemeynt, denn er gebrauchte diese Phrase mehrmals, wenn ihm Jemand widerstand, oder sonst misfiel. Eben so unerwartet ver¬ schlimmerte sich die Sache auf dem Rückweg: denn ich hatte die Unvorsichtigkeit, ihm sei¬ nen Undank gegen den jungen Mann vorzu¬ halten und ihn zu erinnern, wie sehr er mir
an, auf das Taſſenpaar und auf dieſes und jenes. Der Juͤngere, betroffen, ſuchte heiter und verſtaͤndig auszuweichen, wie es unter Menſchen von Lebensart die Gewohnheit iſt; allein der Alte fuhr fort ſchonungslos unar¬ tig zu ſeyn, daß dem andern nichts uͤbrig blieb, als Hut und Stock zu ergreifen, und beym Abſchiede eine ziemlich unzweydeutige Ausforderung zuruͤckzulaſſen. Nun brach die Furie des Hauptmanns und um deſto hefti¬ ger los, als er in der Zwiſchenzeit noch eine Flaſche Wein beynahe ganz allein ausgetrun¬ ken hatte. Er ſchlug mit der Fauſt auf den Tiſch und rief mehr als einmal: den ſchlag ich todt. Es war aber eigentlich ſo boͤs nicht gemeynt, denn er gebrauchte dieſe Phraſe mehrmals, wenn ihm Jemand widerſtand, oder ſonſt misfiel. Eben ſo unerwartet ver¬ ſchlimmerte ſich die Sache auf dem Ruͤckweg: denn ich hatte die Unvorſichtigkeit, ihm ſei¬ nen Undank gegen den jungen Mann vorzu¬ halten und ihn zu erinnern, wie ſehr er mir
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[406/0414]
an, auf das Taſſenpaar und auf dieſes und
jenes. Der Juͤngere, betroffen, ſuchte heiter
und verſtaͤndig auszuweichen, wie es unter
Menſchen von Lebensart die Gewohnheit iſt;
allein der Alte fuhr fort ſchonungslos unar¬
tig zu ſeyn, daß dem andern nichts uͤbrig
blieb, als Hut und Stock zu ergreifen, und
beym Abſchiede eine ziemlich unzweydeutige
Ausforderung zuruͤckzulaſſen. Nun brach die
Furie des Hauptmanns und um deſto hefti¬
ger los, als er in der Zwiſchenzeit noch eine
Flaſche Wein beynahe ganz allein ausgetrun¬
ken hatte. Er ſchlug mit der Fauſt auf den
Tiſch und rief mehr als einmal: den ſchlag
ich todt. Es war aber eigentlich ſo boͤs nicht
gemeynt, denn er gebrauchte dieſe Phraſe
mehrmals, wenn ihm Jemand widerſtand,
oder ſonſt misfiel. Eben ſo unerwartet ver¬
ſchlimmerte ſich die Sache auf dem Ruͤckweg:
denn ich hatte die Unvorſichtigkeit, ihm ſei¬
nen Undank gegen den jungen Mann vorzu¬
halten und ihn zu erinnern, wie ſehr er mir
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/414>, abgerufen am 26.11.2024.
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