ler gestützt, eingefaßt und in drey große per¬ pendiculare Abtheilungen getrennt.
Wie man nun der ganzen Masse ein schö¬ nes Verhältniß der Höhe zur Breite nicht absprechen kann, so erhält sie auch durch die¬ se Pfeiler, durch die schlanken Eintheilungen dazwischen, im Einzelnen etwas gleichmäßig Leichtes.
Verharren wir aber bey unserer Abstrac¬ tion und denken uns diese ungeheuere Wand ohne Zieraten mit festen Strebepfeilern, in derselben die nöthigen Oeffnungen, aber auch nur in sofern sie das Bedürfniß fordert; ge¬ stehn wir auch diesen Hauptabtheilungen gute Verhältnisse zu: so wird das Ganze zwar ernst und würdig, aber doch immer noch lästig unerfreulich und als zierdelos unkünst¬ lich erscheinen. Denn ein Kunstwerk, dessen Ganzes in großen, einfachen, harmonischen Theilen begriffen wird, macht wohl einen ed¬
ler geſtuͤtzt, eingefaßt und in drey große per¬ pendiculare Abtheilungen getrennt.
Wie man nun der ganzen Maſſe ein ſchoͤ¬ nes Verhaͤltniß der Hoͤhe zur Breite nicht abſprechen kann, ſo erhaͤlt ſie auch durch die¬ ſe Pfeiler, durch die ſchlanken Eintheilungen dazwiſchen, im Einzelnen etwas gleichmaͤßig Leichtes.
Verharren wir aber bey unſerer Abſtrac¬ tion und denken uns dieſe ungeheuere Wand ohne Zieraten mit feſten Strebepfeilern, in derſelben die noͤthigen Oeffnungen, aber auch nur in ſofern ſie das Beduͤrfniß fordert; ge¬ ſtehn wir auch dieſen Hauptabtheilungen gute Verhaͤltniſſe zu: ſo wird das Ganze zwar ernſt und wuͤrdig, aber doch immer noch laͤſtig unerfreulich und als zierdelos unkuͤnſt¬ lich erſcheinen. Denn ein Kunſtwerk, deſſen Ganzes in großen, einfachen, harmoniſchen Theilen begriffen wird, macht wohl einen ed¬
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[412/0420]
ler geſtuͤtzt, eingefaßt und in drey große per¬
pendiculare Abtheilungen getrennt.
Wie man nun der ganzen Maſſe ein ſchoͤ¬
nes Verhaͤltniß der Hoͤhe zur Breite nicht
abſprechen kann, ſo erhaͤlt ſie auch durch die¬
ſe Pfeiler, durch die ſchlanken Eintheilungen
dazwiſchen, im Einzelnen etwas gleichmaͤßig
Leichtes.
Verharren wir aber bey unſerer Abſtrac¬
tion und denken uns dieſe ungeheuere Wand
ohne Zieraten mit feſten Strebepfeilern, in
derſelben die noͤthigen Oeffnungen, aber auch
nur in ſofern ſie das Beduͤrfniß fordert; ge¬
ſtehn wir auch dieſen Hauptabtheilungen gute
Verhaͤltniſſe zu: ſo wird das Ganze zwar
ernſt und wuͤrdig, aber doch immer noch
laͤſtig unerfreulich und als zierdelos unkuͤnſt¬
lich erſcheinen. Denn ein Kunſtwerk, deſſen
Ganzes in großen, einfachen, harmoniſchen
Theilen begriffen wird, macht wohl einen ed¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/420>, abgerufen am 25.11.2024.
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