aufs deutlichste vor Augen gestellt. Leben Sie wohl, sagte sie, und reichte mir die Hand. Ich zauderte. -- Nun sagte sie, indem sie mich gegen die Thüre führte, damit es wirklich das letzte Mal sey, daß wir uns sprechen, so nehmen Sie was ich Ihnen sonst versagen würde. Sie fiel mir um den Hals und küßte mich aufs zärtlichste. Ich umfaßte sie und drückte sie an mich.
In diesem Augenblicke flog die Seitenthür auf, und die Schwester sprang in einem leich¬ ten aber anständigen Nachtkleide hervor und rief: Du sollst nicht allein von ihm Abschied nehmen! Emilie ließ mich fahren und Lucin¬ de ergriff mich, schloß sich fest an mein Herz, drückte ihre schwarzen Locken an meine Wan¬ gen und blieb eine Zeit lang in dieser Lage. Und so fand ich mich denn in der Klemme zwischen beyden Schwestern, wie mir's Emi¬ lie einen Augenblick vorher geweissagt hatte.
aufs deutlichſte vor Augen geſtellt. Leben Sie wohl, ſagte ſie, und reichte mir die Hand. Ich zauderte. — Nun ſagte ſie, indem ſie mich gegen die Thuͤre fuͤhrte, damit es wirklich das letzte Mal ſey, daß wir uns ſprechen, ſo nehmen Sie was ich Ihnen ſonſt verſagen wuͤrde. Sie fiel mir um den Hals und kuͤßte mich aufs zaͤrtlichſte. Ich umfaßte ſie und druͤckte ſie an mich.
In dieſem Augenblicke flog die Seitenthuͤr auf, und die Schweſter ſprang in einem leich¬ ten aber anſtaͤndigen Nachtkleide hervor und rief: Du ſollſt nicht allein von ihm Abſchied nehmen! Emilie ließ mich fahren und Lucin¬ de ergriff mich, ſchloß ſich feſt an mein Herz, druͤckte ihre ſchwarzen Locken an meine Wan¬ gen und blieb eine Zeit lang in dieſer Lage. Und ſo fand ich mich denn in der Klemme zwiſchen beyden Schweſtern, wie mir's Emi¬ lie einen Augenblick vorher geweiſſagt hatte.
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aufs deutlichſte vor Augen geſtellt. Leben Sie
wohl, ſagte ſie, und reichte mir die Hand.
Ich zauderte. — Nun ſagte ſie, indem ſie
mich gegen die Thuͤre fuͤhrte, damit es
wirklich das letzte Mal ſey, daß wir uns
ſprechen, ſo nehmen Sie was ich Ihnen ſonſt
verſagen wuͤrde. Sie fiel mir um den Hals
und kuͤßte mich aufs zaͤrtlichſte. Ich umfaßte
ſie und druͤckte ſie an mich.
In dieſem Augenblicke flog die Seitenthuͤr
auf, und die Schweſter ſprang in einem leich¬
ten aber anſtaͤndigen Nachtkleide hervor und
rief: Du ſollſt nicht allein von ihm Abſchied
nehmen! Emilie ließ mich fahren und Lucin¬
de ergriff mich, ſchloß ſich feſt an mein Herz,
druͤckte ihre ſchwarzen Locken an meine Wan¬
gen und blieb eine Zeit lang in dieſer Lage.
Und ſo fand ich mich denn in der Klemme
zwiſchen beyden Schweſtern, wie mir's Emi¬
lie einen Augenblick vorher geweiſſagt hatte.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/448>, abgerufen am 20.05.2024.
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