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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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Tasche gesteckt hatte. Dieses einigermaßen auf¬
fallende, aber doch im Ganzen galante und ge¬
fällige Wesen, wovon ich schon hatte sprechen
hören, ließ mich keineswegs zweifeln, daß er der
berühmte Ankömmling sey, und meine Anrede
mußte ihn sogleich überzeugen, daß ich ihn
kenne. Er fragte nach meinem Namen, der
ihm von keiner Bedeutung seyn konnte; allein
meine Offenheit schien ihm zu gefallen, indem er
sie mit großer Freundlichkeit erwiederte, und als
wir die Treppe hinaufstiegen, sich sogleich zu
einer lebhaften Mittheilung bereit finden ließ.
Es ist mir entfallen, wen wir damals besuch¬
ten; genug, beym Scheiden bat ich mir die
Erlaubniß aus, ihn bey sich zu sehen, die er
mir denn auch freundlich genug ertheilte. Ich
versäumte nicht, mich dieser Vergünstigung
wiederholt zu bedienen, und ward immer mehr
von ihm angezogen. Er hatte etwas Weiches
in seinem Betragen, das sehr schicklich und
anständig war, ohne daß es eigentlich adrett
gewesen wäre. Ein rundes Gesicht, eine be¬

Taſche geſteckt hatte. Dieſes einigermaßen auf¬
fallende, aber doch im Ganzen galante und ge¬
faͤllige Weſen, wovon ich ſchon hatte ſprechen
hoͤren, ließ mich keineswegs zweifeln, daß er der
beruͤhmte Ankoͤmmling ſey, und meine Anrede
mußte ihn ſogleich uͤberzeugen, daß ich ihn
kenne. Er fragte nach meinem Namen, der
ihm von keiner Bedeutung ſeyn konnte; allein
meine Offenheit ſchien ihm zu gefallen, indem er
ſie mit großer Freundlichkeit erwiederte, und als
wir die Treppe hinaufſtiegen, ſich ſogleich zu
einer lebhaften Mittheilung bereit finden ließ.
Es iſt mir entfallen, wen wir damals beſuch¬
ten; genug, beym Scheiden bat ich mir die
Erlaubniß aus, ihn bey ſich zu ſehen, die er
mir denn auch freundlich genug ertheilte. Ich
verſaͤumte nicht, mich dieſer Verguͤnſtigung
wiederholt zu bedienen, und ward immer mehr
von ihm angezogen. Er hatte etwas Weiches
in ſeinem Betragen, das ſehr ſchicklich und
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[460/0468] Taſche geſteckt hatte. Dieſes einigermaßen auf¬ fallende, aber doch im Ganzen galante und ge¬ faͤllige Weſen, wovon ich ſchon hatte ſprechen hoͤren, ließ mich keineswegs zweifeln, daß er der beruͤhmte Ankoͤmmling ſey, und meine Anrede mußte ihn ſogleich uͤberzeugen, daß ich ihn kenne. Er fragte nach meinem Namen, der ihm von keiner Bedeutung ſeyn konnte; allein meine Offenheit ſchien ihm zu gefallen, indem er ſie mit großer Freundlichkeit erwiederte, und als wir die Treppe hinaufſtiegen, ſich ſogleich zu einer lebhaften Mittheilung bereit finden ließ. Es iſt mir entfallen, wen wir damals beſuch¬ ten; genug, beym Scheiden bat ich mir die Erlaubniß aus, ihn bey ſich zu ſehen, die er mir denn auch freundlich genug ertheilte. Ich verſaͤumte nicht, mich dieſer Verguͤnſtigung wiederholt zu bedienen, und ward immer mehr von ihm angezogen. Er hatte etwas Weiches in ſeinem Betragen, das ſehr ſchicklich und anſtaͤndig war, ohne daß es eigentlich adrett geweſen waͤre. Ein rundes Geſicht, eine be¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/468>, abgerufen am 22.11.2024.