Wohlbehagen des Besitzers. Die Herrlichkeit der Treppe überraschte uns, die Zimmer und Säle betraten wir mit Ehrfurcht, nur con¬ trastirte die Person des Cardinals, ein kleiner zusammengefallener Mann, den wir speisen sahen. Der Blick in den Garten ist herrlich, und ein Canal drey Viertelstunden lang, schnurgerade auf die Mitte des Schlosses ge¬ richtet, giebt einen hohen Begriff von dem Sinn und den Kräften der vorigen Besitzer. Wir spazirten daran hin und wieder und ge¬ nossen mancher Partieen dieses schön gelege¬ nen Ganzen, zu Ende der herrlichen Elsasser Ebene, am Fuße der Vogesen.
Nachdem wir uns nun an diesem geistli¬ chen Vorposten einer königlichen Macht er¬ freut, und es uns in seiner Region wohl seyn lassen, gelangten wir früh den andern Morgen zu einem öffentlichen Werk, das höchst würdig den Eingang in ein mächtiges Königreich eröffnet. Von der aufgehenden
Wohlbehagen des Beſitzers. Die Herrlichkeit der Treppe uͤberraſchte uns, die Zimmer und Saͤle betraten wir mit Ehrfurcht, nur con¬ traſtirte die Perſon des Cardinals, ein kleiner zuſammengefallener Mann, den wir ſpeiſen ſahen. Der Blick in den Garten iſt herrlich, und ein Canal drey Viertelſtunden lang, ſchnurgerade auf die Mitte des Schloſſes ge¬ richtet, giebt einen hohen Begriff von dem Sinn und den Kraͤften der vorigen Beſitzer. Wir ſpazirten daran hin und wieder und ge¬ noſſen mancher Partieen dieſes ſchoͤn gelege¬ nen Ganzen, zu Ende der herrlichen Elſaſſer Ebene, am Fuße der Vogeſen.
Nachdem wir uns nun an dieſem geiſtli¬ chen Vorpoſten einer koͤniglichen Macht er¬ freut, und es uns in ſeiner Region wohl ſeyn laſſen, gelangten wir fruͤh den andern Morgen zu einem oͤffentlichen Werk, das hoͤchſt wuͤrdig den Eingang in ein maͤchtiges Koͤnigreich eroͤffnet. Von der aufgehenden
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Wohlbehagen des Beſitzers. Die Herrlichkeit
der Treppe uͤberraſchte uns, die Zimmer und
Saͤle betraten wir mit Ehrfurcht, nur con¬
traſtirte die Perſon des Cardinals, ein kleiner
zuſammengefallener Mann, den wir ſpeiſen
ſahen. Der Blick in den Garten iſt herrlich,
und ein Canal drey Viertelſtunden lang,
ſchnurgerade auf die Mitte des Schloſſes ge¬
richtet, giebt einen hohen Begriff von dem
Sinn und den Kraͤften der vorigen Beſitzer.
Wir ſpazirten daran hin und wieder und ge¬
noſſen mancher Partieen dieſes ſchoͤn gelege¬
nen Ganzen, zu Ende der herrlichen Elſaſſer
Ebene, am Fuße der Vogeſen.
Nachdem wir uns nun an dieſem geiſtli¬
chen Vorpoſten einer koͤniglichen Macht er¬
freut, und es uns in ſeiner Region wohl
ſeyn laſſen, gelangten wir fruͤh den andern
Morgen zu einem oͤffentlichen Werk, das
hoͤchſt wuͤrdig den Eingang in ein maͤchtiges
Koͤnigreich eroͤffnet. Von der aufgehenden
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/500>, abgerufen am 22.11.2024.
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