ches Wunderliche in Lehr und Leben schon mochte vorgekommen seyn. Durch diesen an¬ haltenden und hastigen, Tag und Nacht fort¬ gesetzten Fleiß verwirrte ich mich eher als ich mich bildete; ich verlor mich aber in ein noch größeres Labyrinth, als ich Bayle'n in mei¬ nes Vaters Bibliothek fand und mich in den¬ selben vertiefte.
Eine Hauptüberzeugung aber, die sich im¬ mer in mir erneuerte, war die Wichtigkeit der alten Sprachen: denn so viel drängte sich mir aus dem litterarischen Wirrwarr immer wieder entgegen, daß in ihnen alle Muster der Redekünste und zugleich alles andere Wür¬ dige, was die Welt jemals besessen, aufbe¬ wahrt sey. Das Hebräische so wie die bibli¬ schen Studien waren in den Hintergrund ge¬ treten, das Griechische gleichfalls, da meine Kenntnisse desselben sich nicht über das neue Testament hinaus erstreckten. Desto ernstli¬ cher hielt ich mich ans Lateinische, dessen
ches Wunderliche in Lehr und Leben ſchon mochte vorgekommen ſeyn. Durch dieſen an¬ haltenden und haſtigen, Tag und Nacht fort¬ geſetzten Fleiß verwirrte ich mich eher als ich mich bildete; ich verlor mich aber in ein noch groͤßeres Labyrinth, als ich Bayle'n in mei¬ nes Vaters Bibliothek fand und mich in den¬ ſelben vertiefte.
Eine Hauptuͤberzeugung aber, die ſich im¬ mer in mir erneuerte, war die Wichtigkeit der alten Sprachen: denn ſo viel draͤngte ſich mir aus dem litterariſchen Wirrwarr immer wieder entgegen, daß in ihnen alle Muſter der Redekuͤnſte und zugleich alles andere Wuͤr¬ dige, was die Welt jemals beſeſſen, aufbe¬ wahrt ſey. Das Hebraͤiſche ſo wie die bibli¬ ſchen Studien waren in den Hintergrund ge¬ treten, das Griechiſche gleichfalls, da meine Kenntniſſe deſſelben ſich nicht uͤber das neue Teſtament hinaus erſtreckten. Deſto ernſtli¬ cher hielt ich mich ans Lateiniſche, deſſen
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ches Wunderliche in Lehr und Leben ſchon
mochte vorgekommen ſeyn. Durch dieſen an¬
haltenden und haſtigen, Tag und Nacht fort¬
geſetzten Fleiß verwirrte ich mich eher als ich
mich bildete; ich verlor mich aber in ein noch
groͤßeres Labyrinth, als ich Bayle'n in mei¬
nes Vaters Bibliothek fand und mich in den¬
ſelben vertiefte.
Eine Hauptuͤberzeugung aber, die ſich im¬
mer in mir erneuerte, war die Wichtigkeit
der alten Sprachen: denn ſo viel draͤngte ſich
mir aus dem litterariſchen Wirrwarr immer
wieder entgegen, daß in ihnen alle Muſter
der Redekuͤnſte und zugleich alles andere Wuͤr¬
dige, was die Welt jemals beſeſſen, aufbe¬
wahrt ſey. Das Hebraͤiſche ſo wie die bibli¬
ſchen Studien waren in den Hintergrund ge¬
treten, das Griechiſche gleichfalls, da meine
Kenntniſſe deſſelben ſich nicht uͤber das neue
Teſtament hinaus erſtreckten. Deſto ernſtli¬
cher hielt ich mich ans Lateiniſche, deſſen
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/64>, abgerufen am 26.05.2024.
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