als wenn er die Eigenthümlichkeiten des Ori¬ ginals im Einzelnen hätte nachbilden wollen. Vergebens hat man nachher sich mit dem Buche Hiob, den Psalmen und andern Ge¬ sängen bemüht, sie uns in ihrer poetischen Form genießbar zu machen. Für die Menge, auf die gewirkt werden soll, bleibt eine schlich¬ te Uebertragung immer die beste. Jene cri¬ tischen Uebersetzungen, die mit dem Original wetteifern, dienen eigentlich nur zur Unter¬ haltung der Gelehrten unter einander.
Und so wirkte in unserer Straßburger Societät Shakspeare, übersetzt und im Ori¬ ginal, stückweise und im Ganzen, stellen- und auszugsweise, dergestalt, daß, wie man bi¬ belfeste Männer hat, wir uns nach und nach in Shakspeare befestigten, die Tugenden und Mängel seiner Zeit, mit denen er uns be¬ kannt macht, in unseren Gesprächen nachbil¬ deten, an seinen Quibbles die größte Freude hatten, und durch Uebersetzung derselben, ja
III. 8
als wenn er die Eigenthuͤmlichkeiten des Ori¬ ginals im Einzelnen haͤtte nachbilden wollen. Vergebens hat man nachher ſich mit dem Buche Hiob, den Pſalmen und andern Ge¬ ſaͤngen bemuͤht, ſie uns in ihrer poetiſchen Form genießbar zu machen. Fuͤr die Menge, auf die gewirkt werden ſoll, bleibt eine ſchlich¬ te Uebertragung immer die beſte. Jene cri¬ tiſchen Ueberſetzungen, die mit dem Original wetteifern, dienen eigentlich nur zur Unter¬ haltung der Gelehrten unter einander.
Und ſo wirkte in unſerer Straßburger Societaͤt Shakspeare, uͤberſetzt und im Ori¬ ginal, ſtuͤckweiſe und im Ganzen, ſtellen- und auszugsweiſe, dergeſtalt, daß, wie man bi¬ belfeſte Maͤnner hat, wir uns nach und nach in Shakspeare befeſtigten, die Tugenden und Maͤngel ſeiner Zeit, mit denen er uns be¬ kannt macht, in unſeren Geſpraͤchen nachbil¬ deten, an ſeinen Quibbles die groͤßte Freude hatten, und durch Ueberſetzung derſelben, ja
III. 8
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als wenn er die Eigenthuͤmlichkeiten des Ori¬
ginals im Einzelnen haͤtte nachbilden wollen.
Vergebens hat man nachher ſich mit dem
Buche Hiob, den Pſalmen und andern Ge¬
ſaͤngen bemuͤht, ſie uns in ihrer poetiſchen
Form genießbar zu machen. Fuͤr die Menge,
auf die gewirkt werden ſoll, bleibt eine ſchlich¬
te Uebertragung immer die beſte. Jene cri¬
tiſchen Ueberſetzungen, die mit dem Original
wetteifern, dienen eigentlich nur zur Unter¬
haltung der Gelehrten unter einander.
Und ſo wirkte in unſerer Straßburger
Societaͤt Shakspeare, uͤberſetzt und im Ori¬
ginal, ſtuͤckweiſe und im Ganzen, ſtellen- und
auszugsweiſe, dergeſtalt, daß, wie man bi¬
belfeſte Maͤnner hat, wir uns nach und nach
in Shakspeare befeſtigten, die Tugenden und
Maͤngel ſeiner Zeit, mit denen er uns be¬
kannt macht, in unſeren Geſpraͤchen nachbil¬
deten, an ſeinen Quibbles die groͤßte Freude
hatten, und durch Ueberſetzung derſelben, ja
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/121>, abgerufen am 23.11.2024.
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