Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.zicht gethan, können wir sie noch nicht loslas¬ zicht gethan, koͤnnen wir ſie noch nicht loslaſ¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0132" n="124"/> zicht gethan, koͤnnen wir ſie noch nicht loslaſ¬<lb/> ſen; wir ergetzen uns an der lieblichen Ge¬<lb/> wohnheit, und ſollte es auch auf eine veraͤn¬<lb/> derte Weiſe ſeyn. So ging es auch mir.<lb/> Wenn gleich die Gegenwart Friedrikens mich<lb/> aͤngſtigte, ſo wußte ich doch nichts Angeneh¬<lb/> meres, als abweſend an ſie zu denken und<lb/> mich mit ihr zu unterhalten. Ich kam ſelt¬<lb/> ner hinaus, aber unſere Briefe wechſelten de¬<lb/> ſto lebhafter. Sie wußte mir ihre Zuſtaͤnde<lb/> mit Heiterkeit, ihre Gefuͤhle mit Anmuth zu<lb/> vergegenwaͤrtigen, ſo wie ich mir ihre Ver¬<lb/> dienſte mit Gunſt und Leidenſchaft vor die<lb/> Seele rief. Die Abweſenheit machte mich<lb/> frey, und meine ganze Zuneigung bluͤhte erſt<lb/> recht auf durch die Unterhaltung in der Ferne.<lb/> Ich konnte mich in ſolchen Augenblicken ganz<lb/> eigentlich uͤber die Zukunft verblenden; zer¬<lb/> ſtreut war ich genug durch das Fortrollen der<lb/> Zeit und dringender Geſchaͤfte. Ich hatte<lb/> bisher moͤglich gemacht, das Mannigfaltigſte<lb/> zu leiſten, durch immer lebhafte Theilnahme<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [124/0132]
zicht gethan, koͤnnen wir ſie noch nicht loslaſ¬
ſen; wir ergetzen uns an der lieblichen Ge¬
wohnheit, und ſollte es auch auf eine veraͤn¬
derte Weiſe ſeyn. So ging es auch mir.
Wenn gleich die Gegenwart Friedrikens mich
aͤngſtigte, ſo wußte ich doch nichts Angeneh¬
meres, als abweſend an ſie zu denken und
mich mit ihr zu unterhalten. Ich kam ſelt¬
ner hinaus, aber unſere Briefe wechſelten de¬
ſto lebhafter. Sie wußte mir ihre Zuſtaͤnde
mit Heiterkeit, ihre Gefuͤhle mit Anmuth zu
vergegenwaͤrtigen, ſo wie ich mir ihre Ver¬
dienſte mit Gunſt und Leidenſchaft vor die
Seele rief. Die Abweſenheit machte mich
frey, und meine ganze Zuneigung bluͤhte erſt
recht auf durch die Unterhaltung in der Ferne.
Ich konnte mich in ſolchen Augenblicken ganz
eigentlich uͤber die Zukunft verblenden; zer¬
ſtreut war ich genug durch das Fortrollen der
Zeit und dringender Geſchaͤfte. Ich hatte
bisher moͤglich gemacht, das Mannigfaltigſte
zu leiſten, durch immer lebhafte Theilnahme
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |