Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.speiste in einem der großen Gasthöfe in der Mein Herz war ungerührt und unbeschäf¬ ſpeiſte in einem der großen Gaſthoͤfe in der Mein Herz war ungeruͤhrt und unbeſchaͤf¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0189" n="181"/> ſpeiſte in einem der großen Gaſthoͤfe in der<lb/> Fahrgaſſe und zog nach Tiſche meines Wegs<lb/> weiter fort. Mehr als jemals war ich gegen<lb/> offene Welt und freye Natur gerichtet. Un¬<lb/> terwegs ſang ich mir ſeltſame Hymnen und<lb/> Dithyramben, wovon noch eine, unter dem<lb/> Titel <hi rendition="#g">Wanderers Sturmlied</hi>, uͤbrig iſt.<lb/> Ich ſang dieſen Halbunſinn leidenſchaftlich vor<lb/> mich hin, da mich ein ſchreckliches Wetter un¬<lb/> terweges traf, dem ich entgegen gehn mußte.</p><lb/> <p>Mein Herz war ungeruͤhrt und unbeſchaͤf¬<lb/> tigt: ich vermied gewiſſenhaft alles naͤhere Ver¬<lb/> haͤltniß zu Frauenzimmern, und ſo blieb mir<lb/> verborgen, daß mich Unaufmerkſamen und Un¬<lb/> wiſſenden ein liebevoller Genius heimlich um¬<lb/> ſchwebe. Eine zarte liebenswuͤrdige Frau heg¬<lb/> te im Stillen eine Neigung zu mir, die ich<lb/> nicht gewahrte, und mich eben deswegen in<lb/> ihrer wohlthaͤtigen Geſellſchaft deſto heiterer<lb/> und anmuthiger zeigte. Erſt mehrere Jahre<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [181/0189]
ſpeiſte in einem der großen Gaſthoͤfe in der
Fahrgaſſe und zog nach Tiſche meines Wegs
weiter fort. Mehr als jemals war ich gegen
offene Welt und freye Natur gerichtet. Un¬
terwegs ſang ich mir ſeltſame Hymnen und
Dithyramben, wovon noch eine, unter dem
Titel Wanderers Sturmlied, uͤbrig iſt.
Ich ſang dieſen Halbunſinn leidenſchaftlich vor
mich hin, da mich ein ſchreckliches Wetter un¬
terweges traf, dem ich entgegen gehn mußte.
Mein Herz war ungeruͤhrt und unbeſchaͤf¬
tigt: ich vermied gewiſſenhaft alles naͤhere Ver¬
haͤltniß zu Frauenzimmern, und ſo blieb mir
verborgen, daß mich Unaufmerkſamen und Un¬
wiſſenden ein liebevoller Genius heimlich um¬
ſchwebe. Eine zarte liebenswuͤrdige Frau heg¬
te im Stillen eine Neigung zu mir, die ich
nicht gewahrte, und mich eben deswegen in
ihrer wohlthaͤtigen Geſellſchaft deſto heiterer
und anmuthiger zeigte. Erſt mehrere Jahre
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