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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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das gar manche Geräthschaften in sich verei¬
nigte, schleuderte ich es mit der Linken, wie
ich es hielt, gewaltsam nach dem Flusse hin.
Aber auch hier mußte ich die trügliche Zwey¬
deutigkeit der Orakel, über die man sich im
Alterthum so bitter beklagt, erfahren. Des
Messers Eintauchen in den Fluß ward mir
durch die letzten Weidenzweige verborgen, aber
das dem Sturz entgegenwirkende Wasser sprang
wie eine starke Fontaine in die Höhe, und
war mir vollkommen sichtbar. Ich legte die¬
se Erscheinung nicht zu meinen Gunsten aus,
und der durch sie in mir erregte Zweifel war
in der Folge Schuld, daß ich diese Uebungen
unterbrochner und fahrlässiger anstellte, und
dadurch selbst Anlaß gab, daß die Deutung
des Orakels sich erfüllte. Wenigstens war
mir für den Augenblick die Außenwelt verlei¬
det, ich ergab mich meinen Einbildungen und
Empfindungen, und ließ die wohlgelegenen
Schlösser und Ortschaften Weilburg, Lim¬
burg
, Diez und Nassau nach und nach

das gar manche Geraͤthſchaften in ſich verei¬
nigte, ſchleuderte ich es mit der Linken, wie
ich es hielt, gewaltſam nach dem Fluſſe hin.
Aber auch hier mußte ich die truͤgliche Zwey¬
deutigkeit der Orakel, uͤber die man ſich im
Alterthum ſo bitter beklagt, erfahren. Des
Meſſers Eintauchen in den Fluß ward mir
durch die letzten Weidenzweige verborgen, aber
das dem Sturz entgegenwirkende Waſſer ſprang
wie eine ſtarke Fontaine in die Hoͤhe, und
war mir vollkommen ſichtbar. Ich legte die¬
ſe Erſcheinung nicht zu meinen Gunſten aus,
und der durch ſie in mir erregte Zweifel war
in der Folge Schuld, daß ich dieſe Uebungen
unterbrochner und fahrlaͤſſiger anſtellte, und
dadurch ſelbſt Anlaß gab, daß die Deutung
des Orakels ſich erfuͤllte. Wenigſtens war
mir fuͤr den Augenblick die Außenwelt verlei¬
det, ich ergab mich meinen Einbildungen und
Empfindungen, und ließ die wohlgelegenen
Schloͤſſer und Ortſchaften Weilburg, Lim¬
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[269/0277] das gar manche Geraͤthſchaften in ſich verei¬ nigte, ſchleuderte ich es mit der Linken, wie ich es hielt, gewaltſam nach dem Fluſſe hin. Aber auch hier mußte ich die truͤgliche Zwey¬ deutigkeit der Orakel, uͤber die man ſich im Alterthum ſo bitter beklagt, erfahren. Des Meſſers Eintauchen in den Fluß ward mir durch die letzten Weidenzweige verborgen, aber das dem Sturz entgegenwirkende Waſſer ſprang wie eine ſtarke Fontaine in die Hoͤhe, und war mir vollkommen ſichtbar. Ich legte die¬ ſe Erſcheinung nicht zu meinen Gunſten aus, und der durch ſie in mir erregte Zweifel war in der Folge Schuld, daß ich dieſe Uebungen unterbrochner und fahrlaͤſſiger anſtellte, und dadurch ſelbſt Anlaß gab, daß die Deutung des Orakels ſich erfuͤllte. Wenigſtens war mir fuͤr den Augenblick die Außenwelt verlei¬ det, ich ergab mich meinen Einbildungen und Empfindungen, und ließ die wohlgelegenen Schloͤſſer und Ortſchaften Weilburg, Lim¬ burg, Diez und Naſſau nach und nach

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/277>, abgerufen am 26.11.2024.