Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

hinter mir, meistens allein, nur manchmal
auf kurze Zeit mich zu einem andern gesellend.

Nach einer so angenehmen Wanderung
von einigen Tagen, gelangte ich nach Ems,
wo ich einige Male des sanften Bades ge¬
noß, und sodann auf einem Kahne den Fluß
hinabwärts fuhr. Da eröffnete sich mir der
alte Rhein, die schöne Lage von Oberlahn¬
stein
entzückte mich; über alles aber herrlich
und majestätisch erschien das Schloß Ehren¬
breitstein
, welches in seiner Kraft und
Macht, vollkommen gerüstet dastand. In
höchst lieblichem Contrast lag an seinem Fuß
das wohlgebaute Oertchen Thal genannt,
wo ich mich leicht zu der Wohnung des Ge¬
heimenraths von Laroche finden konnte.
Angekündigt von Merk, ward ich von dieser
edlen Familie sehr freundlich empfangen, und
geschwind als ein Glied derselben betrachtet.
Mit der Mutter verband mich mein belle¬
tristisches und sentimentales Streben, mit dem

hinter mir, meiſtens allein, nur manchmal
auf kurze Zeit mich zu einem andern geſellend.

Nach einer ſo angenehmen Wanderung
von einigen Tagen, gelangte ich nach Ems,
wo ich einige Male des ſanften Bades ge¬
noß, und ſodann auf einem Kahne den Fluß
hinabwaͤrts fuhr. Da eroͤffnete ſich mir der
alte Rhein, die ſchoͤne Lage von Oberlahn¬
ſtein
entzuͤckte mich; uͤber alles aber herrlich
und majeſtaͤtiſch erſchien das Schloß Ehren¬
breitſtein
, welches in ſeiner Kraft und
Macht, vollkommen geruͤſtet daſtand. In
hoͤchſt lieblichem Contraſt lag an ſeinem Fuß
das wohlgebaute Oertchen Thal genannt,
wo ich mich leicht zu der Wohnung des Ge¬
heimenraths von Laroche finden konnte.
Angekuͤndigt von Merk, ward ich von dieſer
edlen Familie ſehr freundlich empfangen, und
geſchwind als ein Glied derſelben betrachtet.
Mit der Mutter verband mich mein belle¬
triſtiſches und ſentimentales Streben, mit dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0278" n="270"/>
hinter mir, mei&#x017F;tens allein, nur manchmal<lb/>
auf kurze Zeit mich zu einem andern ge&#x017F;ellend.</p><lb/>
        <p>Nach einer &#x017F;o angenehmen Wanderung<lb/>
von einigen Tagen, gelangte ich nach Ems,<lb/>
wo ich einige Male des &#x017F;anften Bades ge¬<lb/>
noß, und &#x017F;odann auf einem Kahne den Fluß<lb/>
hinabwa&#x0364;rts fuhr. Da ero&#x0364;ffnete &#x017F;ich mir der<lb/>
alte Rhein, die &#x017F;cho&#x0364;ne Lage von <hi rendition="#g">Oberlahn¬<lb/>
&#x017F;tein</hi> entzu&#x0364;ckte mich; u&#x0364;ber alles aber herrlich<lb/>
und maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ch er&#x017F;chien das Schloß <hi rendition="#g">Ehren¬<lb/>
breit&#x017F;tein</hi>, welches in &#x017F;einer Kraft und<lb/>
Macht, vollkommen geru&#x0364;&#x017F;tet da&#x017F;tand. In<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;t lieblichem Contra&#x017F;t lag an &#x017F;einem Fuß<lb/>
das wohlgebaute Oertchen <hi rendition="#g">Thal</hi> genannt,<lb/>
wo ich mich leicht zu der Wohnung des Ge¬<lb/>
heimenraths <hi rendition="#g">von Laroche</hi> finden konnte.<lb/>
Angeku&#x0364;ndigt von Merk, ward ich von die&#x017F;er<lb/>
edlen Familie &#x017F;ehr freundlich empfangen, und<lb/>
ge&#x017F;chwind als ein Glied der&#x017F;elben betrachtet.<lb/>
Mit der Mutter verband mich mein belle¬<lb/>
tri&#x017F;ti&#x017F;ches und &#x017F;entimentales Streben, mit dem<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0278] hinter mir, meiſtens allein, nur manchmal auf kurze Zeit mich zu einem andern geſellend. Nach einer ſo angenehmen Wanderung von einigen Tagen, gelangte ich nach Ems, wo ich einige Male des ſanften Bades ge¬ noß, und ſodann auf einem Kahne den Fluß hinabwaͤrts fuhr. Da eroͤffnete ſich mir der alte Rhein, die ſchoͤne Lage von Oberlahn¬ ſtein entzuͤckte mich; uͤber alles aber herrlich und majeſtaͤtiſch erſchien das Schloß Ehren¬ breitſtein, welches in ſeiner Kraft und Macht, vollkommen geruͤſtet daſtand. In hoͤchſt lieblichem Contraſt lag an ſeinem Fuß das wohlgebaute Oertchen Thal genannt, wo ich mich leicht zu der Wohnung des Ge¬ heimenraths von Laroche finden konnte. Angekuͤndigt von Merk, ward ich von dieſer edlen Familie ſehr freundlich empfangen, und geſchwind als ein Glied derſelben betrachtet. Mit der Mutter verband mich mein belle¬ triſtiſches und ſentimentales Streben, mit dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/278
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/278>, abgerufen am 26.11.2024.