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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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das Recht, sich nach Befinden den Tod zu
geben, indem er sagt, es müsse doch einem je¬
den freystehen, den fünften Act seiner Tragö¬
die da zu schließen, wo es ihm beliebe. Hier
aber ist von solchen Personen nicht die Rede,
die ein bedeutendes Leben thätig geführt, für
irgend ein großes Reich oder für die Sache
der Freyheit ihre Tage verwendet, und denen
man wohl nicht verargen wird, wenn sie die
Idee die sie beseelt, sobald dieselbe von der
Erde verschwindet, auch noch jenseits zu ver¬
folgen denken. Wir haben es hier mit solchen
zu thun, denen eigentlich aus Mangel von
Thaten, in dem friedlichsten Zustande von der
Welt, durch übertriebene Forderungen an sich
selbst das Leben verleidet. Da ich selbst in
dem Fall war, und am besten weiß, was für
Pein ich darin erlitten, was für Anstrengung
es mir gekostet, ihr zu entgehn; so will
ich die Betrachtungen nicht verbergen, die ich
über die verschiedenen Todesarten, die man
wählen könnte, wohlbedächtig angestellt.

das Recht, ſich nach Befinden den Tod zu
geben, indem er ſagt, es muͤſſe doch einem je¬
den freyſtehen, den fuͤnften Act ſeiner Tragoͤ¬
die da zu ſchließen, wo es ihm beliebe. Hier
aber iſt von ſolchen Perſonen nicht die Rede,
die ein bedeutendes Leben thaͤtig gefuͤhrt, fuͤr
irgend ein großes Reich oder fuͤr die Sache
der Freyheit ihre Tage verwendet, und denen
man wohl nicht verargen wird, wenn ſie die
Idee die ſie beſeelt, ſobald dieſelbe von der
Erde verſchwindet, auch noch jenſeits zu ver¬
folgen denken. Wir haben es hier mit ſolchen
zu thun, denen eigentlich aus Mangel von
Thaten, in dem friedlichſten Zuſtande von der
Welt, durch uͤbertriebene Forderungen an ſich
ſelbſt das Leben verleidet. Da ich ſelbſt in
dem Fall war, und am beſten weiß, was fuͤr
Pein ich darin erlitten, was fuͤr Anſtrengung
es mir gekoſtet, ihr zu entgehn; ſo will
ich die Betrachtungen nicht verbergen, die ich
uͤber die verſchiedenen Todesarten, die man
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[334/0342] das Recht, ſich nach Befinden den Tod zu geben, indem er ſagt, es muͤſſe doch einem je¬ den freyſtehen, den fuͤnften Act ſeiner Tragoͤ¬ die da zu ſchließen, wo es ihm beliebe. Hier aber iſt von ſolchen Perſonen nicht die Rede, die ein bedeutendes Leben thaͤtig gefuͤhrt, fuͤr irgend ein großes Reich oder fuͤr die Sache der Freyheit ihre Tage verwendet, und denen man wohl nicht verargen wird, wenn ſie die Idee die ſie beſeelt, ſobald dieſelbe von der Erde verſchwindet, auch noch jenſeits zu ver¬ folgen denken. Wir haben es hier mit ſolchen zu thun, denen eigentlich aus Mangel von Thaten, in dem friedlichſten Zuſtande von der Welt, durch uͤbertriebene Forderungen an ſich ſelbſt das Leben verleidet. Da ich ſelbſt in dem Fall war, und am beſten weiß, was fuͤr Pein ich darin erlitten, was fuͤr Anſtrengung es mir gekoſtet, ihr zu entgehn; ſo will ich die Betrachtungen nicht verbergen, die ich uͤber die verſchiedenen Todesarten, die man waͤhlen koͤnnte, wohlbedaͤchtig angeſtellt.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/342>, abgerufen am 23.11.2024.