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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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strebens, seines Betragens als Mensch und
Sohn recht wohl ausrufen: alles ist gut,
wie es aus den Händen der Natur kommt! --
Aber auch den Nachsatz: alles verschlimmert
sich unter den Händen der Menschen! drängte
ihm eine widerwärtige Erfahrung auf. Er
hatte nicht mit sich selbst, aber außer sich
mit der Welt des Herkommens zu kämpfen,
von deren Fesseln der Bürger von Genf uns
zu erlösen gedachte. Weil nun, in des Jüng¬
lings Lage, dieser Kampf oft schwer und sau¬
er ward, so fühlte er sich gewaltsamer in sich
zurückgetrieben, als daß er durchaus zu einer
frohen und freudigen Ausbildung hätte gelan¬
gen können: vielmehr mußte er sich durch¬
stürmen, durchdrängen; daher sich ein bitte¬
rer Zug in sein Wesen schlich, den er in der
Folge zum Theil gehegt und genährt, mehr
aber bekämpft und besiegt hat.

In seinen Productionen, in so fern sie
mir gegenwärtig sind, zeigt sich ein strenger

ſtrebens, ſeines Betragens als Menſch und
Sohn recht wohl ausrufen: alles iſt gut,
wie es aus den Haͤnden der Natur kommt! —
Aber auch den Nachſatz: alles verſchlimmert
ſich unter den Haͤnden der Menſchen! draͤngte
ihm eine widerwaͤrtige Erfahrung auf. Er
hatte nicht mit ſich ſelbſt, aber außer ſich
mit der Welt des Herkommens zu kaͤmpfen,
von deren Feſſeln der Buͤrger von Genf uns
zu erloͤſen gedachte. Weil nun, in des Juͤng¬
lings Lage, dieſer Kampf oft ſchwer und ſau¬
er ward, ſo fuͤhlte er ſich gewaltſamer in ſich
zuruͤckgetrieben, als daß er durchaus zu einer
frohen und freudigen Ausbildung haͤtte gelan¬
gen koͤnnen: vielmehr mußte er ſich durch¬
ſtuͤrmen, durchdraͤngen; daher ſich ein bitte¬
rer Zug in ſein Weſen ſchlich, den er in der
Folge zum Theil gehegt und genaͤhrt, mehr
aber bekaͤmpft und beſiegt hat.

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[388/0396] ſtrebens, ſeines Betragens als Menſch und Sohn recht wohl ausrufen: alles iſt gut, wie es aus den Haͤnden der Natur kommt! — Aber auch den Nachſatz: alles verſchlimmert ſich unter den Haͤnden der Menſchen! draͤngte ihm eine widerwaͤrtige Erfahrung auf. Er hatte nicht mit ſich ſelbſt, aber außer ſich mit der Welt des Herkommens zu kaͤmpfen, von deren Feſſeln der Buͤrger von Genf uns zu erloͤſen gedachte. Weil nun, in des Juͤng¬ lings Lage, dieſer Kampf oft ſchwer und ſau¬ er ward, ſo fuͤhlte er ſich gewaltſamer in ſich zuruͤckgetrieben, als daß er durchaus zu einer frohen und freudigen Ausbildung haͤtte gelan¬ gen koͤnnen: vielmehr mußte er ſich durch¬ ſtuͤrmen, durchdraͤngen; daher ſich ein bitte¬ rer Zug in ſein Weſen ſchlich, den er in der Folge zum Theil gehegt und genaͤhrt, mehr aber bekaͤmpft und beſiegt hat. In ſeinen Productionen, in ſo fern ſie mir gegenwaͤrtig ſind, zeigt ſich ein ſtrenger

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/396>, abgerufen am 27.11.2024.