Klinger gehört unter die, welche sich aus sich selbst, aus ihrem Gemüthe und Verstande heraus zur Welt gebildet hatten. Weil nun dieses mit und in einer größeren Masse ge¬ schah, und sie sich unter einander einer ver¬ ständlichen, aus der allgemeinen Natur und aus der Volks-Eigenthümlichkeit herfließenden Sprache mit Kraft und Wirkung bedienten; so waren ihnen früher und später alle Schul¬ formen äußerst zuwider, besonders wenn sie, von ihrem lebendigen Ursprung getrennt, in Phrasen ausarteten, und so ihre erste frische Bedeutung gänzlich verloren. Wie nun gegen neue Meinungen, Ansichten, Systeme, so er¬ klären sich solche Männer auch gegen neue Er¬ eignisse, hervortretende bedeutende Menschen, welche große Veränderungen ankündigen oder bewirken: ein Verfahren, das ihnen keines¬ wegs so zu verargen ist, weil sie dasjenige von Grund aus gefährdet sehen, dem sie ihr eig¬ nes Daseyn und Bildung schuldig geworden.
Klinger gehoͤrt unter die, welche ſich aus ſich ſelbſt, aus ihrem Gemuͤthe und Verſtande heraus zur Welt gebildet hatten. Weil nun dieſes mit und in einer groͤßeren Maſſe ge¬ ſchah, und ſie ſich unter einander einer ver¬ ſtaͤndlichen, aus der allgemeinen Natur und aus der Volks-Eigenthuͤmlichkeit herfließenden Sprache mit Kraft und Wirkung bedienten; ſo waren ihnen fruͤher und ſpaͤter alle Schul¬ formen aͤußerſt zuwider, beſonders wenn ſie, von ihrem lebendigen Urſprung getrennt, in Phraſen ausarteten, und ſo ihre erſte friſche Bedeutung gaͤnzlich verloren. Wie nun gegen neue Meinungen, Anſichten, Syſteme, ſo er¬ klaͤren ſich ſolche Maͤnner auch gegen neue Er¬ eigniſſe, hervortretende bedeutende Menſchen, welche große Veraͤnderungen ankuͤndigen oder bewirken: ein Verfahren, das ihnen keines¬ wegs ſo zu verargen iſt, weil ſie dasjenige von Grund aus gefaͤhrdet ſehen, dem ſie ihr eig¬ nes Daſeyn und Bildung ſchuldig geworden.
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Klinger gehoͤrt unter die, welche ſich aus
ſich ſelbſt, aus ihrem Gemuͤthe und Verſtande
heraus zur Welt gebildet hatten. Weil nun
dieſes mit und in einer groͤßeren Maſſe ge¬
ſchah, und ſie ſich unter einander einer ver¬
ſtaͤndlichen, aus der allgemeinen Natur und
aus der Volks-Eigenthuͤmlichkeit herfließenden
Sprache mit Kraft und Wirkung bedienten;
ſo waren ihnen fruͤher und ſpaͤter alle Schul¬
formen aͤußerſt zuwider, beſonders wenn ſie,
von ihrem lebendigen Urſprung getrennt, in
Phraſen ausarteten, und ſo ihre erſte friſche
Bedeutung gaͤnzlich verloren. Wie nun gegen
neue Meinungen, Anſichten, Syſteme, ſo er¬
klaͤren ſich ſolche Maͤnner auch gegen neue Er¬
eigniſſe, hervortretende bedeutende Menſchen,
welche große Veraͤnderungen ankuͤndigen oder
bewirken: ein Verfahren, das ihnen keines¬
wegs ſo zu verargen iſt, weil ſie dasjenige von
Grund aus gefaͤhrdet ſehen, dem ſie ihr eig¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/398>, abgerufen am 27.11.2024.
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