als dem König der Gestirne, ausschließliche Verehrung gewidmet. Nicht lange, so be¬ wegt sich der Mond herauf und gewinnt Aug' und Herz des Anbetenden, der sodann, durch die hervortretende Sonne herrlich erquickt und gestärkt, zu neuem Preise aufgerufen wird. Aber dieser Wechsel, wie erfreulich er auch seyn mag, ist dennoch beunruhigend, das Gemüth empfindet, daß es sich nochmals überbieten muß; es erhebt sich zu Gott, dem Einzigen, Ewigen, Unbegrenzten, dem alle diese begrenz¬ ten herrlichen Wesen ihr Daseyn zu verdanken haben. Diese Hymne hatte ich mit viel Lie¬ be gedichtet; sie ist verloren gegangen, wür¬ de sich aber zum Zweck einer Cantate wohl wieder herstellen lassen, und sich dem Musi¬ ker durch die Mannigfaltigkeit des Ausdrucks empfehlen. Man müßte sich aber, wie es auch damals schon die Absicht war, den An¬ führer einer Carawane mit seiner Familie und dem ganzen Stamme denken, und so würde
als dem Koͤnig der Geſtirne, ausſchließliche Verehrung gewidmet. Nicht lange, ſo be¬ wegt ſich der Mond herauf und gewinnt Aug' und Herz des Anbetenden, der ſodann, durch die hervortretende Sonne herrlich erquickt und geſtaͤrkt, zu neuem Preiſe aufgerufen wird. Aber dieſer Wechſel, wie erfreulich er auch ſeyn mag, iſt dennoch beunruhigend, das Gemuͤth empfindet, daß es ſich nochmals uͤberbieten muß; es erhebt ſich zu Gott, dem Einzigen, Ewigen, Unbegrenzten, dem alle dieſe begrenz¬ ten herrlichen Weſen ihr Daſeyn zu verdanken haben. Dieſe Hymne hatte ich mit viel Lie¬ be gedichtet; ſie iſt verloren gegangen, wuͤr¬ de ſich aber zum Zweck einer Cantate wohl wieder herſtellen laſſen, und ſich dem Muſi¬ ker durch die Mannigfaltigkeit des Ausdrucks empfehlen. Man muͤßte ſich aber, wie es auch damals ſchon die Abſicht war, den An¬ fuͤhrer einer Carawane mit ſeiner Familie und dem ganzen Stamme denken, und ſo wuͤrde
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0461"n="453"/>
als dem Koͤnig der Geſtirne, ausſchließliche<lb/>
Verehrung gewidmet. Nicht lange, ſo be¬<lb/>
wegt ſich der Mond herauf und gewinnt Aug'<lb/>
und Herz des Anbetenden, der ſodann, durch<lb/>
die hervortretende Sonne herrlich erquickt und<lb/>
geſtaͤrkt, zu neuem Preiſe aufgerufen wird.<lb/>
Aber dieſer Wechſel, wie erfreulich er auch ſeyn<lb/>
mag, iſt dennoch beunruhigend, das Gemuͤth<lb/>
empfindet, daß es ſich nochmals uͤberbieten<lb/>
muß; es erhebt ſich zu Gott, dem Einzigen,<lb/>
Ewigen, Unbegrenzten, dem alle dieſe begrenz¬<lb/>
ten herrlichen Weſen ihr Daſeyn zu verdanken<lb/>
haben. Dieſe Hymne hatte ich mit viel Lie¬<lb/>
be gedichtet; ſie iſt verloren gegangen, wuͤr¬<lb/>
de ſich aber zum Zweck einer Cantate wohl<lb/>
wieder herſtellen laſſen, und ſich dem Muſi¬<lb/>
ker durch die Mannigfaltigkeit des Ausdrucks<lb/>
empfehlen. Man muͤßte ſich aber, wie es<lb/>
auch damals ſchon die Abſicht war, den An¬<lb/>
fuͤhrer einer Carawane mit ſeiner Familie und<lb/>
dem ganzen Stamme denken, und ſo wuͤrde<lb/></p></div></body></text></TEI>
[453/0461]
als dem Koͤnig der Geſtirne, ausſchließliche
Verehrung gewidmet. Nicht lange, ſo be¬
wegt ſich der Mond herauf und gewinnt Aug'
und Herz des Anbetenden, der ſodann, durch
die hervortretende Sonne herrlich erquickt und
geſtaͤrkt, zu neuem Preiſe aufgerufen wird.
Aber dieſer Wechſel, wie erfreulich er auch ſeyn
mag, iſt dennoch beunruhigend, das Gemuͤth
empfindet, daß es ſich nochmals uͤberbieten
muß; es erhebt ſich zu Gott, dem Einzigen,
Ewigen, Unbegrenzten, dem alle dieſe begrenz¬
ten herrlichen Weſen ihr Daſeyn zu verdanken
haben. Dieſe Hymne hatte ich mit viel Lie¬
be gedichtet; ſie iſt verloren gegangen, wuͤr¬
de ſich aber zum Zweck einer Cantate wohl
wieder herſtellen laſſen, und ſich dem Muſi¬
ker durch die Mannigfaltigkeit des Ausdrucks
empfehlen. Man muͤßte ſich aber, wie es
auch damals ſchon die Abſicht war, den An¬
fuͤhrer einer Carawane mit ſeiner Familie und
dem ganzen Stamme denken, und ſo wuͤrde
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/461>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.