Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

weile beunruhigt wird. Sie erfüllte damit
vollkommen den Wunsch der städtischen Tan¬
ten, welche ja auch einmal, von ihrem Kana¬
pee aus, Zeugen jener ländlichen Spiele und
Unterhaltungen seyn wollten. War dieses zur
Gnüge geschehn, so wurde die Garderobe,
der Schmuck und was die städtischen, franzö¬
sisch gekleideten Nichten besonders auszeichne¬
te, betrachtet und ohne Neid bewundert.
Auch mit mir machte Friedrike sich's leicht,
indem sie mich behandelte wie immer. Sie
schien mir keinen andern Vorzug zu geben,
als den, daß sie ihr Begehren, ihre Wün¬
sche eher an mich als an einen andern richte¬
te und mich dadurch als ihren Diener aner¬
kannte.

Diese Dienerschaft nahm sie einen der fol¬
genden Tage mit Zuversicht in Anspruch, als
sie mir vertraute, die Damen wünschten mich
lesen zu hören. Die Töchter des Hauses hat¬

weile beunruhigt wird. Sie erfuͤllte damit
vollkommen den Wunſch der ſtaͤdtiſchen Tan¬
ten, welche ja auch einmal, von ihrem Kana¬
pee aus, Zeugen jener laͤndlichen Spiele und
Unterhaltungen ſeyn wollten. War dieſes zur
Gnuͤge geſchehn, ſo wurde die Garderobe,
der Schmuck und was die ſtaͤdtiſchen, franzoͤ¬
ſiſch gekleideten Nichten beſonders auszeichne¬
te, betrachtet und ohne Neid bewundert.
Auch mit mir machte Friedrike ſich's leicht,
indem ſie mich behandelte wie immer. Sie
ſchien mir keinen andern Vorzug zu geben,
als den, daß ſie ihr Begehren, ihre Wuͤn¬
ſche eher an mich als an einen andern richte¬
te und mich dadurch als ihren Diener aner¬
kannte.

Dieſe Dienerſchaft nahm ſie einen der fol¬
genden Tage mit Zuverſicht in Anſpruch, als
ſie mir vertraute, die Damen wuͤnſchten mich
leſen zu hoͤren. Die Toͤchter des Hauſes hat¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="53"/>
weile beunruhigt wird. Sie erfu&#x0364;llte damit<lb/>
vollkommen den Wun&#x017F;ch der &#x017F;ta&#x0364;dti&#x017F;chen Tan¬<lb/>
ten, welche ja auch einmal, von ihrem Kana¬<lb/>
pee aus, Zeugen jener la&#x0364;ndlichen Spiele und<lb/>
Unterhaltungen &#x017F;eyn wollten. War die&#x017F;es zur<lb/>
Gnu&#x0364;ge ge&#x017F;chehn, &#x017F;o wurde die Garderobe,<lb/>
der Schmuck und was die &#x017F;ta&#x0364;dti&#x017F;chen, franzo&#x0364;¬<lb/>
&#x017F;i&#x017F;ch gekleideten Nichten be&#x017F;onders auszeichne¬<lb/>
te, betrachtet und ohne Neid bewundert.<lb/>
Auch mit mir machte Friedrike &#x017F;ich's leicht,<lb/>
indem &#x017F;ie mich behandelte wie immer. Sie<lb/>
&#x017F;chien mir keinen andern Vorzug zu geben,<lb/>
als den, daß &#x017F;ie ihr Begehren, ihre Wu&#x0364;<lb/>
&#x017F;che eher an mich als an einen andern richte¬<lb/>
te und mich dadurch als ihren Diener aner¬<lb/>
kannte.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Diener&#x017F;chaft nahm &#x017F;ie einen der fol¬<lb/>
genden Tage mit Zuver&#x017F;icht in An&#x017F;pruch, als<lb/>
&#x017F;ie mir vertraute, die Damen wu&#x0364;n&#x017F;chten mich<lb/>
le&#x017F;en zu ho&#x0364;ren. Die To&#x0364;chter des Hau&#x017F;es hat¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0061] weile beunruhigt wird. Sie erfuͤllte damit vollkommen den Wunſch der ſtaͤdtiſchen Tan¬ ten, welche ja auch einmal, von ihrem Kana¬ pee aus, Zeugen jener laͤndlichen Spiele und Unterhaltungen ſeyn wollten. War dieſes zur Gnuͤge geſchehn, ſo wurde die Garderobe, der Schmuck und was die ſtaͤdtiſchen, franzoͤ¬ ſiſch gekleideten Nichten beſonders auszeichne¬ te, betrachtet und ohne Neid bewundert. Auch mit mir machte Friedrike ſich's leicht, indem ſie mich behandelte wie immer. Sie ſchien mir keinen andern Vorzug zu geben, als den, daß ſie ihr Begehren, ihre Wuͤn¬ ſche eher an mich als an einen andern richte¬ te und mich dadurch als ihren Diener aner¬ kannte. Dieſe Dienerſchaft nahm ſie einen der fol¬ genden Tage mit Zuverſicht in Anſpruch, als ſie mir vertraute, die Damen wuͤnſchten mich leſen zu hoͤren. Die Toͤchter des Hauſes hat¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/61
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/61>, abgerufen am 21.11.2024.