Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

Bekanntmachung dieses Werkchens eine vorzüg¬
liche Wirkung.

Ich überreichte nun meine Hefte der Fa¬
cultät, und diese betrug sich glücklicher Weise
so klug als artig. Der Decan, ein lebhafter
gescheidter Mann, fing mit vielen Lobeser¬
hebungen meiner Arbeit an, ging dann zum
Bedenklichen derselben über, welches er nach
und nach in ein Gefährliches zu verwandeln
wußte und damit schloß, daß es nicht räth¬
lich seyn möchte, diese Arbeit als academische
Dissertation bekannt zu machen. Der Aspi¬
rant habe sich der Facultät als einen denken¬
den jungen Mann gezeigt, von dem sie das
Beste hoffen dürfe; sie wolle mich gern, um
die Sache nicht aufzuhalten, über Theses
disputiren lassen. Ich könne ja in der Folge
meine Abhandlung, wie sie vorliege oder wei¬
ter ausgearbeitet, lateinisch oder in einer an¬
dern Sprache herausgeben; dieß würde mir,
als einem Privatmann und Protestanten,

Bekanntmachung dieſes Werkchens eine vorzuͤg¬
liche Wirkung.

Ich uͤberreichte nun meine Hefte der Fa¬
cultaͤt, und dieſe betrug ſich gluͤcklicher Weiſe
ſo klug als artig. Der Decan, ein lebhafter
geſcheidter Mann, fing mit vielen Lobeser¬
hebungen meiner Arbeit an, ging dann zum
Bedenklichen derſelben uͤber, welches er nach
und nach in ein Gefaͤhrliches zu verwandeln
wußte und damit ſchloß, daß es nicht raͤth¬
lich ſeyn moͤchte, dieſe Arbeit als academiſche
Diſſertation bekannt zu machen. Der Aſpi¬
rant habe ſich der Facultaͤt als einen denken¬
den jungen Mann gezeigt, von dem ſie das
Beſte hoffen duͤrfe; ſie wolle mich gern, um
die Sache nicht aufzuhalten, uͤber Theſes
disputiren laſſen. Ich koͤnne ja in der Folge
meine Abhandlung, wie ſie vorliege oder wei¬
ter ausgearbeitet, lateiniſch oder in einer an¬
dern Sprache herausgeben; dieß wuͤrde mir,
als einem Privatmann und Proteſtanten,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0072" n="64"/>
Bekanntmachung die&#x017F;es Werkchens eine vorzu&#x0364;<lb/>
liche Wirkung.</p><lb/>
        <p>Ich u&#x0364;berreichte nun meine Hefte der Fa¬<lb/>
culta&#x0364;t, und die&#x017F;e betrug &#x017F;ich glu&#x0364;cklicher Wei&#x017F;e<lb/>
&#x017F;o klug als artig. Der Decan, ein lebhafter<lb/>
ge&#x017F;cheidter Mann, fing mit vielen Lobeser¬<lb/>
hebungen meiner Arbeit an, ging dann zum<lb/>
Bedenklichen der&#x017F;elben u&#x0364;ber, welches er nach<lb/>
und nach in ein Gefa&#x0364;hrliches zu verwandeln<lb/>
wußte und damit &#x017F;chloß, daß es nicht ra&#x0364;th¬<lb/>
lich &#x017F;eyn mo&#x0364;chte, die&#x017F;e Arbeit als academi&#x017F;che<lb/>
Di&#x017F;&#x017F;ertation bekannt zu machen. Der A&#x017F;pi¬<lb/>
rant habe &#x017F;ich der Faculta&#x0364;t als einen denken¬<lb/>
den jungen Mann gezeigt, von dem &#x017F;ie das<lb/>
Be&#x017F;te hoffen du&#x0364;rfe; &#x017F;ie wolle mich gern, um<lb/>
die Sache nicht aufzuhalten, u&#x0364;ber The&#x017F;es<lb/>
disputiren la&#x017F;&#x017F;en. Ich ko&#x0364;nne ja in der Folge<lb/>
meine Abhandlung, wie &#x017F;ie vorliege oder wei¬<lb/>
ter ausgearbeitet, lateini&#x017F;ch oder in einer an¬<lb/>
dern Sprache herausgeben; dieß wu&#x0364;rde mir,<lb/>
als einem Privatmann und Prote&#x017F;tanten,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0072] Bekanntmachung dieſes Werkchens eine vorzuͤg¬ liche Wirkung. Ich uͤberreichte nun meine Hefte der Fa¬ cultaͤt, und dieſe betrug ſich gluͤcklicher Weiſe ſo klug als artig. Der Decan, ein lebhafter geſcheidter Mann, fing mit vielen Lobeser¬ hebungen meiner Arbeit an, ging dann zum Bedenklichen derſelben uͤber, welches er nach und nach in ein Gefaͤhrliches zu verwandeln wußte und damit ſchloß, daß es nicht raͤth¬ lich ſeyn moͤchte, dieſe Arbeit als academiſche Diſſertation bekannt zu machen. Der Aſpi¬ rant habe ſich der Facultaͤt als einen denken¬ den jungen Mann gezeigt, von dem ſie das Beſte hoffen duͤrfe; ſie wolle mich gern, um die Sache nicht aufzuhalten, uͤber Theſes disputiren laſſen. Ich koͤnne ja in der Folge meine Abhandlung, wie ſie vorliege oder wei¬ ter ausgearbeitet, lateiniſch oder in einer an¬ dern Sprache herausgeben; dieß wuͤrde mir, als einem Privatmann und Proteſtanten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/72
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/72>, abgerufen am 21.11.2024.