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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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überall leicht werden, und ich hätte mich des
Beyfalls um desto reiner und allgemeiner als¬
dann zu erfreuen. Kaum verbarg ich dem
guten Manne, welchen Stein mir sein Zu¬
reden vom Herzen wälzte; bey jedem neuen
Argument das er vorbrachte, um mich durch
seine Weigerung nicht zu betrüben oder zu
erzürnen, ward es mir immer leichter im Ge¬
müth, und ihm zuletzt auch, als ich ganz un¬
erwartet seinen Gründen nichts entgegensetzte,
sie vielmehr höchst einleuchtend fand und ver¬
sprach, mich in allem nach seinem Rath und
nach seiner Anleitung zu benehmen. Ich setz¬
te mich nun wieder mit meinem Repetenten
zusammen. Theses wurden ausgewählt und
gedruckt, und die Disputation ging, unter
Opposition meiner Tischgenossen, mit großer
Lustigkeit ja Leichtfertigkeit vorüber; da mir
denn meine alte Uebung, im Corpus juris
aufzuschlagen, gar sehr zu Statten kam, und
ich für einen wohlunterrichteten Menschen gel¬

III. 5

uͤberall leicht werden, und ich haͤtte mich des
Beyfalls um deſto reiner und allgemeiner als¬
dann zu erfreuen. Kaum verbarg ich dem
guten Manne, welchen Stein mir ſein Zu¬
reden vom Herzen waͤlzte; bey jedem neuen
Argument das er vorbrachte, um mich durch
ſeine Weigerung nicht zu betruͤben oder zu
erzuͤrnen, ward es mir immer leichter im Ge¬
muͤth, und ihm zuletzt auch, als ich ganz un¬
erwartet ſeinen Gruͤnden nichts entgegenſetzte,
ſie vielmehr hoͤchſt einleuchtend fand und ver¬
ſprach, mich in allem nach ſeinem Rath und
nach ſeiner Anleitung zu benehmen. Ich ſetz¬
te mich nun wieder mit meinem Repetenten
zuſammen. Theſes wurden ausgewaͤhlt und
gedruckt, und die Disputation ging, unter
Oppoſition meiner Tiſchgenoſſen, mit großer
Luſtigkeit ja Leichtfertigkeit voruͤber; da mir
denn meine alte Uebung, im Corpus juris
aufzuſchlagen, gar ſehr zu Statten kam, und
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[65/0073] uͤberall leicht werden, und ich haͤtte mich des Beyfalls um deſto reiner und allgemeiner als¬ dann zu erfreuen. Kaum verbarg ich dem guten Manne, welchen Stein mir ſein Zu¬ reden vom Herzen waͤlzte; bey jedem neuen Argument das er vorbrachte, um mich durch ſeine Weigerung nicht zu betruͤben oder zu erzuͤrnen, ward es mir immer leichter im Ge¬ muͤth, und ihm zuletzt auch, als ich ganz un¬ erwartet ſeinen Gruͤnden nichts entgegenſetzte, ſie vielmehr hoͤchſt einleuchtend fand und ver¬ ſprach, mich in allem nach ſeinem Rath und nach ſeiner Anleitung zu benehmen. Ich ſetz¬ te mich nun wieder mit meinem Repetenten zuſammen. Theſes wurden ausgewaͤhlt und gedruckt, und die Disputation ging, unter Oppoſition meiner Tiſchgenoſſen, mit großer Luſtigkeit ja Leichtfertigkeit voruͤber; da mir denn meine alte Uebung, im Corpus juris aufzuſchlagen, gar ſehr zu Statten kam, und ich fuͤr einen wohlunterrichteten Menſchen gel¬ III. 5

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/73>, abgerufen am 21.11.2024.