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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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nen zu vergleichen, nach denen, so lange sie
nur über dem Horizont stehen, unser Auge
sich wendet, und sich gestärkt und gebildet
fühlt, wenn es ihm vergönnt ist, solche Voll¬
kommenheiten in sich aufzunehmen. Die frey¬
gebige Natur hatte Schöpflinen ein vortheil¬
haftes Aeußere verliehn, schlanke Gestalt,
freundliche Augen, redseligen Mund, eine
durchaus angenehme Gegenwart. Auch Gei¬
stesgaben ertheilte sie ihrem Liebling nicht
kärglich, und sein Glück war, ohne daß er
sich mühsam angestrengt hätte, die Folge an¬
geborner und ruhig ausgebildeter Verdienste.
Er gehörte zu den glücklichen Menschen, wel¬
che Vergangenheit und Gegenwart zu verei¬
nigen geneigt sind, die dem Lebensinteresse
das historische Wissen anzuknüpfen verstehn.
Im Badenschen geboren, in Basel und Stra߬
burg erzogen, gehörte er dem paradiesischen
Rheinthal ganz eigentlich an, als einem aus¬
gebreiteten wohlgelegenen Vaterlande. Auf
historische und antiquarische Gegenstände hin¬

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nen zu vergleichen, nach denen, ſo lange ſie
nur uͤber dem Horizont ſtehen, unſer Auge
ſich wendet, und ſich geſtaͤrkt und gebildet
fuͤhlt, wenn es ihm vergoͤnnt iſt, ſolche Voll¬
kommenheiten in ſich aufzunehmen. Die frey¬
gebige Natur hatte Schoͤpflinen ein vortheil¬
haftes Aeußere verliehn, ſchlanke Geſtalt,
freundliche Augen, redſeligen Mund, eine
durchaus angenehme Gegenwart. Auch Gei¬
ſtesgaben ertheilte ſie ihrem Liebling nicht
kaͤrglich, und ſein Gluͤck war, ohne daß er
ſich muͤhſam angeſtrengt haͤtte, die Folge an¬
geborner und ruhig ausgebildeter Verdienſte.
Er gehoͤrte zu den gluͤcklichen Menſchen, wel¬
che Vergangenheit und Gegenwart zu verei¬
nigen geneigt ſind, die dem Lebensintereſſe
das hiſtoriſche Wiſſen anzuknuͤpfen verſtehn.
Im Badenſchen geboren, in Baſel und Stra߬
burg erzogen, gehoͤrte er dem paradieſiſchen
Rheinthal ganz eigentlich an, als einem aus¬
gebreiteten wohlgelegenen Vaterlande. Auf
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[67/0075] nen zu vergleichen, nach denen, ſo lange ſie nur uͤber dem Horizont ſtehen, unſer Auge ſich wendet, und ſich geſtaͤrkt und gebildet fuͤhlt, wenn es ihm vergoͤnnt iſt, ſolche Voll¬ kommenheiten in ſich aufzunehmen. Die frey¬ gebige Natur hatte Schoͤpflinen ein vortheil¬ haftes Aeußere verliehn, ſchlanke Geſtalt, freundliche Augen, redſeligen Mund, eine durchaus angenehme Gegenwart. Auch Gei¬ ſtesgaben ertheilte ſie ihrem Liebling nicht kaͤrglich, und ſein Gluͤck war, ohne daß er ſich muͤhſam angeſtrengt haͤtte, die Folge an¬ geborner und ruhig ausgebildeter Verdienſte. Er gehoͤrte zu den gluͤcklichen Menſchen, wel¬ che Vergangenheit und Gegenwart zu verei¬ nigen geneigt ſind, die dem Lebensintereſſe das hiſtoriſche Wiſſen anzuknuͤpfen verſtehn. Im Badenſchen geboren, in Baſel und Stra߬ burg erzogen, gehoͤrte er dem paradieſiſchen Rheinthal ganz eigentlich an, als einem aus¬ gebreiteten wohlgelegenen Vaterlande. Auf hiſtoriſche und antiquariſche Gegenſtaͤnde hin¬ 5 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/75>, abgerufen am 21.11.2024.