Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Tuch von den Lippen; er hob auf und
las:

"So hab ich dich lieb, kleiner Narre,
was war dir auch gestern? Heute Nacht
komm ich zu dir. Ich glaube wohl, daß
dir's leid thut, von hier wegzugehen; aber
habe Geduld, auf die Messe komm ich dir
nach. Höre, thu mir nicht wieder die
schwarz-grün-braune Jacke an, du siehst
drin aus wie die Hexe von Endor. Hab'
ich dir nicht das weiße Neglige darum ge¬
schickt, daß ich ein weißes Schäfchen in
meinen Armen haben will. Schick mir
deine Zettel immer durch die alte Sibylle,
die hat der Teufel selbst zur Iris bestellt."


Tuch von den Lippen; er hob auf und
las:

»So hab ich dich lieb, kleiner Narre,
was war dir auch geſtern? Heute Nacht
komm ich zu dir. Ich glaube wohl, daß
dir’s leid thut, von hier wegzugehen; aber
habe Geduld, auf die Meſſe komm ich dir
nach. Höre, thu mir nicht wieder die
ſchwarz–grün–braune Jacke an, du ſiehſt
drin aus wie die Hexe von Endor. Hab’
ich dir nicht das weiße Neglige darum ge¬
ſchickt, daß ich ein weißes Schäfchen in
meinen Armen haben will. Schick mir
deine Zettel immer durch die alte Sibylle,
die hat der Teufel ſelbſt zur Iris beſtellt.»


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0189" n="181"/>
Tuch von den Lippen; er hob auf und<lb/>
las:</p><lb/>
            <p rendition="#et">»So hab ich dich lieb, kleiner Narre,<lb/>
was war dir auch ge&#x017F;tern? Heute Nacht<lb/>
komm ich zu dir. Ich glaube wohl, daß<lb/>
dir&#x2019;s leid thut, von hier wegzugehen; aber<lb/>
habe Geduld, auf die Me&#x017F;&#x017F;e komm ich dir<lb/>
nach. Höre, thu mir nicht wieder die<lb/>
&#x017F;chwarz&#x2013;grün&#x2013;braune Jacke an, du &#x017F;ieh&#x017F;t<lb/>
drin aus wie die Hexe von Endor. Hab&#x2019;<lb/>
ich dir nicht das weiße Neglige darum ge¬<lb/>
&#x017F;chickt, daß ich ein weißes Schäfchen in<lb/>
meinen Armen haben will. Schick mir<lb/>
deine Zettel immer durch die alte Sibylle,<lb/>
die hat der Teufel &#x017F;elb&#x017F;t zur Iris be&#x017F;tellt.»</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0189] Tuch von den Lippen; er hob auf und las: »So hab ich dich lieb, kleiner Narre, was war dir auch geſtern? Heute Nacht komm ich zu dir. Ich glaube wohl, daß dir’s leid thut, von hier wegzugehen; aber habe Geduld, auf die Meſſe komm ich dir nach. Höre, thu mir nicht wieder die ſchwarz–grün–braune Jacke an, du ſiehſt drin aus wie die Hexe von Endor. Hab’ ich dir nicht das weiße Neglige darum ge¬ ſchickt, daß ich ein weißes Schäfchen in meinen Armen haben will. Schick mir deine Zettel immer durch die alte Sibylle, die hat der Teufel ſelbſt zur Iris beſtellt.»

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/189
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/189>, abgerufen am 23.11.2024.