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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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Melina hatte von dieser Zeit an keinen
andern Diskurs als Projecte und Vorschlä¬
ge, wie man ein Theater einrichten, und da¬
bey seinen Vortheil finden könnte. Er such¬
te Philinen und Laertes zu interessiren, und
man that Wilhelmen Vorschläge, Geld her¬
zuschießen, und Sicherheit dagegen anzuneh¬
men. Diesem fiel aber erst bey dieser Gele¬
genheit recht auf, daß er hier so lange nicht
hätte verweilen sollen; er entschuldigte sich,
und wollte Anstalten machen, seine Reise
fortzusetzen.

Indessen war ihm Mignons Gestalt und
Wesen immer reizender geworden. In allem
seinem Thun und Lassen hatte das Kind et¬
was sonderbares. Es ging die Treppe we¬
der auf noch ab, sondern sprang; es stieg
auf den Geländern der Gänge weg, und eh'
man sich's versah, saß es oben auf dem
Schranke, und blieb eine Weile ruhig. Auch

W. Meisters Lehrj. S

Melina hatte von dieſer Zeit an keinen
andern Diskurs als Projecte und Vorſchlä¬
ge, wie man ein Theater einrichten, und da¬
bey ſeinen Vortheil finden könnte. Er ſuch¬
te Philinen und Laertes zu intereſſiren, und
man that Wilhelmen Vorſchläge, Geld her¬
zuſchießen, und Sicherheit dagegen anzuneh¬
men. Dieſem fiel aber erſt bey dieſer Gele¬
genheit recht auf, daß er hier ſo lange nicht
hätte verweilen ſollen; er entſchuldigte ſich,
und wollte Anſtalten machen, ſeine Reiſe
fortzuſetzen.

Indeſſen war ihm Mignons Geſtalt und
Weſen immer reizender geworden. In allem
ſeinem Thun und Laſſen hatte das Kind et¬
was ſonderbares. Es ging die Treppe we¬
der auf noch ab, ſondern ſprang; es ſtieg
auf den Geländern der Gänge weg, und eh'
man ſich’s verſah, ſaß es oben auf dem
Schranke, und blieb eine Weile ruhig. Auch

W. Meiſters Lehrj. S
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[273/0281] Melina hatte von dieſer Zeit an keinen andern Diskurs als Projecte und Vorſchlä¬ ge, wie man ein Theater einrichten, und da¬ bey ſeinen Vortheil finden könnte. Er ſuch¬ te Philinen und Laertes zu intereſſiren, und man that Wilhelmen Vorſchläge, Geld her¬ zuſchießen, und Sicherheit dagegen anzuneh¬ men. Dieſem fiel aber erſt bey dieſer Gele¬ genheit recht auf, daß er hier ſo lange nicht hätte verweilen ſollen; er entſchuldigte ſich, und wollte Anſtalten machen, ſeine Reiſe fortzuſetzen. Indeſſen war ihm Mignons Geſtalt und Weſen immer reizender geworden. In allem ſeinem Thun und Laſſen hatte das Kind et¬ was ſonderbares. Es ging die Treppe we¬ der auf noch ab, ſondern ſprang; es ſtieg auf den Geländern der Gänge weg, und eh' man ſich’s verſah, ſaß es oben auf dem Schranke, und blieb eine Weile ruhig. Auch W. Meiſters Lehrj. S

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/281>, abgerufen am 22.11.2024.