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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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dert. Dieser spielte gewöhnlich die gutmü¬
thigen, polternden Alten, wovon das deut¬
sche Theater nicht leer wird, und die man
auch im gemeinen Leben nicht selten antrift.
Denn da es der Character unsrer Landsleute
ist, das Gute ohne viel Prunk zu thun und
zu leisten; so denken sie selten daran, daß
es auch eine Art gebe, das Rechte mit Zier¬
lichkeit und Anmuth zu thun, und verfallen
vielmehr, von einem Geiste des Widerspruchs
getrieben, leicht in den Fehler, durch ein
mürrisches Wesen, ihre liebste Tugend im
Contraste darzustellen.

Solche Rollen spielte unser Schauspieler
sehr gut, und er spielte sie so oft und aus¬
schließlich, daß er darüber eine ähnliche Art
sich zu betragen im gemeinen Leben ange¬
nommen hatte.

Wilhelm gerieth in große Bewegung, so¬
bald er ihn erkannte, denn er erinnerte sich,

dert. Dieſer ſpielte gewöhnlich die gutmü¬
thigen, polternden Alten, wovon das deut¬
ſche Theater nicht leer wird, und die man
auch im gemeinen Leben nicht ſelten antrift.
Denn da es der Character unſrer Landsleute
iſt, das Gute ohne viel Prunk zu thun und
zu leiſten; ſo denken ſie ſelten daran, daß
es auch eine Art gebe, das Rechte mit Zier¬
lichkeit und Anmuth zu thun, und verfallen
vielmehr, von einem Geiſte des Widerſpruchs
getrieben, leicht in den Fehler, durch ein
mürriſches Weſen, ihre liebſte Tugend im
Contraſte darzuſtellen.

Solche Rollen ſpielte unſer Schauſpieler
ſehr gut, und er ſpielte ſie ſo oft und aus¬
ſchließlich, daß er darüber eine ähnliche Art
ſich zu betragen im gemeinen Leben ange¬
nommen hatte.

Wilhelm gerieth in große Bewegung, ſo¬
bald er ihn erkannte, denn er erinnerte ſich,

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[279/0287] dert. Dieſer ſpielte gewöhnlich die gutmü¬ thigen, polternden Alten, wovon das deut¬ ſche Theater nicht leer wird, und die man auch im gemeinen Leben nicht ſelten antrift. Denn da es der Character unſrer Landsleute iſt, das Gute ohne viel Prunk zu thun und zu leiſten; ſo denken ſie ſelten daran, daß es auch eine Art gebe, das Rechte mit Zier¬ lichkeit und Anmuth zu thun, und verfallen vielmehr, von einem Geiſte des Widerſpruchs getrieben, leicht in den Fehler, durch ein mürriſches Weſen, ihre liebſte Tugend im Contraſte darzuſtellen. Solche Rollen ſpielte unſer Schauſpieler ſehr gut, und er ſpielte ſie ſo oft und aus¬ ſchließlich, daß er darüber eine ähnliche Art ſich zu betragen im gemeinen Leben ange¬ nommen hatte. Wilhelm gerieth in große Bewegung, ſo¬ bald er ihn erkannte, denn er erinnerte ſich,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/287>, abgerufen am 22.11.2024.