Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Stärke seiner Talente zeigt sich in dem
Nutzen, den er davon zieht. Uns, die wir
vielleicht bald in Verlegenheit seyn werden,
wo wir eine Mahlzeit hernehmen, bewegt er,
unsre Mahlzeit mit ihm zu theilen. Er weiß
uns das Geld, das wir anwenden könnten,
um uns in einige Verfassung zu setzen, durch
ein Liedchen aus der Tasche zu locken. Es
scheint so angenehm zu seyn, das Geld zu
verschleudern, womit man sich und andern
eine Existenz verschaffen könnte.

Das Gespräch bekam durch diese Bemer¬
kung nicht die angenehmste Wendung. Wil¬
helm, auf den der Vorwurf eigentlich gerich¬
tet war, antwortete mit einiger Leidenschaft,
und Melina, der sich eben nicht der größten
Feinheit befliß, brachte zuletzt seine Beschwer¬
den mit ziemlich trocknen Worten vor. Es
sind nun schon vierzehn Tage, sagte er, daß
wir das hier verpfändete Theater und die

Die Stärke ſeiner Talente zeigt ſich in dem
Nutzen, den er davon zieht. Uns, die wir
vielleicht bald in Verlegenheit ſeyn werden,
wo wir eine Mahlzeit hernehmen, bewegt er,
unſre Mahlzeit mit ihm zu theilen. Er weiß
uns das Geld, das wir anwenden könnten,
um uns in einige Verfaſſung zu ſetzen, durch
ein Liedchen aus der Taſche zu locken. Es
ſcheint ſo angenehm zu ſeyn, das Geld zu
verſchleudern, womit man ſich und andern
eine Exiſtenz verſchaffen könnte.

Das Geſpräch bekam durch dieſe Bemer¬
kung nicht die angenehmſte Wendung. Wil¬
helm, auf den der Vorwurf eigentlich gerich¬
tet war, antwortete mit einiger Leidenſchaft,
und Melina, der ſich eben nicht der größten
Feinheit befliß, brachte zuletzt ſeine Beſchwer¬
den mit ziemlich trocknen Worten vor. Es
ſind nun ſchon vierzehn Tage, ſagte er, daß
wir das hier verpfändete Theater und die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0341" n="333"/>
Die Stärke &#x017F;einer Talente zeigt &#x017F;ich in dem<lb/>
Nutzen, den er davon zieht. Uns, die wir<lb/>
vielleicht bald in Verlegenheit &#x017F;eyn werden,<lb/>
wo wir eine Mahlzeit hernehmen, bewegt er,<lb/>
un&#x017F;re Mahlzeit mit ihm zu theilen. Er weiß<lb/>
uns das Geld, das wir anwenden könnten,<lb/>
um uns in einige Verfa&#x017F;&#x017F;ung zu &#x017F;etzen, durch<lb/>
ein Liedchen aus der Ta&#x017F;che zu locken. Es<lb/>
&#x017F;cheint &#x017F;o angenehm zu &#x017F;eyn, das Geld zu<lb/>
ver&#x017F;chleudern, womit man &#x017F;ich und andern<lb/>
eine Exi&#x017F;tenz ver&#x017F;chaffen könnte.</p><lb/>
            <p>Das Ge&#x017F;präch bekam durch die&#x017F;e Bemer¬<lb/>
kung nicht die angenehm&#x017F;te Wendung. Wil¬<lb/>
helm, auf den der Vorwurf eigentlich gerich¬<lb/>
tet war, antwortete mit einiger Leiden&#x017F;chaft,<lb/>
und Melina, der &#x017F;ich eben nicht der größten<lb/>
Feinheit befliß, brachte zuletzt &#x017F;eine Be&#x017F;chwer¬<lb/>
den mit ziemlich trocknen Worten vor. Es<lb/>
&#x017F;ind nun &#x017F;chon vierzehn Tage, &#x017F;agte er, daß<lb/>
wir das hier verpfändete Theater und die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0341] Die Stärke ſeiner Talente zeigt ſich in dem Nutzen, den er davon zieht. Uns, die wir vielleicht bald in Verlegenheit ſeyn werden, wo wir eine Mahlzeit hernehmen, bewegt er, unſre Mahlzeit mit ihm zu theilen. Er weiß uns das Geld, das wir anwenden könnten, um uns in einige Verfaſſung zu ſetzen, durch ein Liedchen aus der Taſche zu locken. Es ſcheint ſo angenehm zu ſeyn, das Geld zu verſchleudern, womit man ſich und andern eine Exiſtenz verſchaffen könnte. Das Geſpräch bekam durch dieſe Bemer¬ kung nicht die angenehmſte Wendung. Wil¬ helm, auf den der Vorwurf eigentlich gerich¬ tet war, antwortete mit einiger Leidenſchaft, und Melina, der ſich eben nicht der größten Feinheit befliß, brachte zuletzt ſeine Beſchwer¬ den mit ziemlich trocknen Worten vor. Es ſind nun ſchon vierzehn Tage, ſagte er, daß wir das hier verpfändete Theater und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/341
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/341>, abgerufen am 22.11.2024.