Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.zen. Ihre starren Glieder wurden gelinde, Sanft fing vor der Thüre die Harfe an zen. Ihre ſtarren Glieder wurden gelinde, Sanft fing vor der Thüre die Harfe an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0372" n="364"/> zen. Ihre ſtarren Glieder wurden gelinde,<lb/> es ergoß ſich ihr Innerſtes, und in der Ver¬<lb/> irrung des Augenblickes fürchtete Wilhelm,<lb/> ſie werde in ſeinen Armen zerſchmelzen, und<lb/> er nichts von ihr übrig behalten. Er hielt<lb/> ſie nur feſter und feſter. — Mein Kind!<lb/> rief er aus, mein Kind! du biſt ja mein!<lb/> wenn dich das Wort tröſten kann. Du biſt<lb/> mein! ich werde dich behalten, dich nicht ver¬<lb/> laſſen! — Ihre Thränen floſſen noch im¬<lb/> mer. — Endlich richtete ſie ſich auf. Eine<lb/> weiche Heiterkeit glänzte von ihrem Geſich¬<lb/> te. — Mein Vater! rief ſie, du willſt mich<lb/> nicht verlaſſen! willſt mein Vater ſeyn! —<lb/> Ich bin dein Kind!</p><lb/> <p>Sanft fing vor der Thüre die Harfe an<lb/> zu klingen; der Alte brachte ſeine herzlich¬<lb/> ſten Lieder dem Freunde zum Abendopfer,<lb/> der, ſein Kind immer feſter in Armen hal¬<lb/> tend, des reinſten unbeſchreiblichſten Glückes<lb/> genoß.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [364/0372]
zen. Ihre ſtarren Glieder wurden gelinde,
es ergoß ſich ihr Innerſtes, und in der Ver¬
irrung des Augenblickes fürchtete Wilhelm,
ſie werde in ſeinen Armen zerſchmelzen, und
er nichts von ihr übrig behalten. Er hielt
ſie nur feſter und feſter. — Mein Kind!
rief er aus, mein Kind! du biſt ja mein!
wenn dich das Wort tröſten kann. Du biſt
mein! ich werde dich behalten, dich nicht ver¬
laſſen! — Ihre Thränen floſſen noch im¬
mer. — Endlich richtete ſie ſich auf. Eine
weiche Heiterkeit glänzte von ihrem Geſich¬
te. — Mein Vater! rief ſie, du willſt mich
nicht verlaſſen! willſt mein Vater ſeyn! —
Ich bin dein Kind!
Sanft fing vor der Thüre die Harfe an
zu klingen; der Alte brachte ſeine herzlich¬
ſten Lieder dem Freunde zum Abendopfer,
der, ſein Kind immer feſter in Armen hal¬
tend, des reinſten unbeſchreiblichſten Glückes
genoß.
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