Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

nen Herrschaft ernstlich anbefohlen war, dem
Streite mit Geduld zu; er fuhr mit Fluchen
und Drohen auf die Gesellschaft los, gebot
ihnen zusammen zu rücken, und den Ankom¬
menden Platz zu machen. Man fing an sich
zu bequemen. Er bereitete Wilhelmen einen
Platz auf einem Tische, den er in eine Ecke
schob; Philine ließ ihren Koffer darneben
stellen, und setzte sich drauf. Jeder druckte
sich so gut er konnte, und der Jäger begab
sich weg, um zu sehen, ob er nicht ein be¬
quemeres Quartier für das Ehepaar aus¬
machen könne.

Kaum war er fort, als der Unwille wie¬
der laut zu werden anfing, und ein Vorwurf
den andern drängte. Jedermann erzählte
und erhöhte seinen Verlust, man schalt die
Verwegenheit, durch die man so vieles ein¬
gebüßt, man verhehlte sogar die Schaden¬
freude nicht, die man über die Wunden un¬

nen Herrſchaft ernſtlich anbefohlen war, dem
Streite mit Geduld zu; er fuhr mit Fluchen
und Drohen auf die Geſellſchaft los, gebot
ihnen zuſammen zu rücken, und den Ankom¬
menden Platz zu machen. Man fing an ſich
zu bequemen. Er bereitete Wilhelmen einen
Platz auf einem Tiſche, den er in eine Ecke
ſchob; Philine ließ ihren Koffer darneben
ſtellen, und ſetzte ſich drauf. Jeder druckte
ſich ſo gut er konnte, und der Jäger begab
ſich weg, um zu ſehen, ob er nicht ein be¬
quemeres Quartier für das Ehepaar aus¬
machen könne.

Kaum war er fort, als der Unwille wie¬
der laut zu werden anfing, und ein Vorwurf
den andern drängte. Jedermann erzählte
und erhöhte ſeinen Verluſt, man ſchalt die
Verwegenheit, durch die man ſo vieles ein¬
gebüßt, man verhehlte ſogar die Schaden¬
freude nicht, die man über die Wunden un¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0244" n="236"/>
nen Herr&#x017F;chaft ern&#x017F;tlich anbefohlen war, dem<lb/>
Streite mit Geduld zu; er fuhr mit Fluchen<lb/>
und Drohen auf die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft los, gebot<lb/>
ihnen zu&#x017F;ammen zu rücken, und den Ankom¬<lb/>
menden Platz zu machen. Man fing an &#x017F;ich<lb/>
zu bequemen. Er bereitete Wilhelmen einen<lb/>
Platz auf einem Ti&#x017F;che, den er in eine Ecke<lb/>
&#x017F;chob; Philine ließ ihren Koffer darneben<lb/>
&#x017F;tellen, und &#x017F;etzte &#x017F;ich drauf. Jeder druckte<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;o gut er konnte, und der Jäger begab<lb/>
&#x017F;ich weg, um zu &#x017F;ehen, ob er nicht ein be¬<lb/>
quemeres Quartier für das Ehepaar aus¬<lb/>
machen könne.</p><lb/>
            <p>Kaum war er fort, als der Unwille wie¬<lb/>
der laut zu werden anfing, und ein Vorwurf<lb/>
den andern drängte. Jedermann erzählte<lb/>
und erhöhte &#x017F;einen Verlu&#x017F;t, man &#x017F;chalt die<lb/>
Verwegenheit, durch die man &#x017F;o vieles ein¬<lb/>
gebüßt, man verhehlte &#x017F;ogar die Schaden¬<lb/>
freude nicht, die man über die Wunden un¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0244] nen Herrſchaft ernſtlich anbefohlen war, dem Streite mit Geduld zu; er fuhr mit Fluchen und Drohen auf die Geſellſchaft los, gebot ihnen zuſammen zu rücken, und den Ankom¬ menden Platz zu machen. Man fing an ſich zu bequemen. Er bereitete Wilhelmen einen Platz auf einem Tiſche, den er in eine Ecke ſchob; Philine ließ ihren Koffer darneben ſtellen, und ſetzte ſich drauf. Jeder druckte ſich ſo gut er konnte, und der Jäger begab ſich weg, um zu ſehen, ob er nicht ein be¬ quemeres Quartier für das Ehepaar aus¬ machen könne. Kaum war er fort, als der Unwille wie¬ der laut zu werden anfing, und ein Vorwurf den andern drängte. Jedermann erzählte und erhöhte ſeinen Verluſt, man ſchalt die Verwegenheit, durch die man ſo vieles ein¬ gebüßt, man verhehlte ſogar die Schaden¬ freude nicht, die man über die Wunden un¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/244
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/244>, abgerufen am 21.11.2024.