Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

das alles wäre! -- Er fing aufs neue zu
stampfen, zu schimpfen und zu schreyen an.
Jedermann erinnerte sich der schönen Kleider
aus der Garderobe des Grafen, der Schnal¬
len, Uhren, Dosen, Hüte, welche Melina von
dem Kammerdiener so glücklich gehandelt
hatte. Jedem fielen seine eigenen, obgleich
viel geringeren Schätze dabey wieder ins
Gedächtniß; man blickte mit Verdruß auf
Philinens Koffer, man gab Wilhelmen zu
verstehen, er habe wahrlich nicht übel gethan,
sich mit dieser Schönen zu associiren, und
durch ihr Glück auch seine Habseligkeiten zu
retten.

Glaubt ihr denn, rief er endlich aus, daß
ich etwas Eignes haben werde, so lange ihr
darbt, und ist es wohl das erstemal, daß ich
in der Noth mit euch redlich theile? Man
öffne den Koffer, und was mein ist, will ich
zum öffentlichen Bedürfniß niederlegen.

Q 2

das alles wäre! — Er fing aufs neue zu
ſtampfen, zu ſchimpfen und zu ſchreyen an.
Jedermann erinnerte ſich der ſchönen Kleider
aus der Garderobe des Grafen, der Schnal¬
len, Uhren, Doſen, Hüte, welche Melina von
dem Kammerdiener ſo glücklich gehandelt
hatte. Jedem fielen ſeine eigenen, obgleich
viel geringeren Schätze dabey wieder ins
Gedächtniß; man blickte mit Verdruß auf
Philinens Koffer, man gab Wilhelmen zu
verſtehen, er habe wahrlich nicht übel gethan,
ſich mit dieſer Schönen zu aſſociiren, und
durch ihr Glück auch ſeine Habſeligkeiten zu
retten.

Glaubt ihr denn, rief er endlich aus, daß
ich etwas Eignes haben werde, ſo lange ihr
darbt, und iſt es wohl das erſtemal, daß ich
in der Noth mit euch redlich theile? Man
öffne den Koffer, und was mein iſt, will ich
zum öffentlichen Bedürfniß niederlegen.

Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0251" n="243"/>
das alles wäre! &#x2014; Er fing aufs neue zu<lb/>
&#x017F;tampfen, zu &#x017F;chimpfen und zu &#x017F;chreyen an.<lb/>
Jedermann erinnerte &#x017F;ich der &#x017F;chönen Kleider<lb/>
aus der Garderobe des Grafen, der Schnal¬<lb/>
len, Uhren, Do&#x017F;en, Hüte, welche Melina von<lb/>
dem Kammerdiener &#x017F;o glücklich gehandelt<lb/>
hatte. Jedem fielen &#x017F;eine eigenen, obgleich<lb/>
viel geringeren Schätze dabey wieder ins<lb/>
Gedächtniß; man blickte mit Verdruß auf<lb/>
Philinens Koffer, man gab Wilhelmen zu<lb/>
ver&#x017F;tehen, er habe wahrlich nicht übel gethan,<lb/>
&#x017F;ich mit die&#x017F;er Schönen zu a&#x017F;&#x017F;ociiren, und<lb/>
durch ihr Glück auch &#x017F;eine Hab&#x017F;eligkeiten zu<lb/>
retten.</p><lb/>
            <p>Glaubt ihr denn, rief er endlich aus, daß<lb/>
ich etwas Eignes haben werde, &#x017F;o lange ihr<lb/>
darbt, und i&#x017F;t es wohl das er&#x017F;temal, daß ich<lb/>
in der Noth mit euch redlich theile? Man<lb/>
öffne den Koffer, und was mein i&#x017F;t, will ich<lb/>
zum öffentlichen Bedürfniß niederlegen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Q 2<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0251] das alles wäre! — Er fing aufs neue zu ſtampfen, zu ſchimpfen und zu ſchreyen an. Jedermann erinnerte ſich der ſchönen Kleider aus der Garderobe des Grafen, der Schnal¬ len, Uhren, Doſen, Hüte, welche Melina von dem Kammerdiener ſo glücklich gehandelt hatte. Jedem fielen ſeine eigenen, obgleich viel geringeren Schätze dabey wieder ins Gedächtniß; man blickte mit Verdruß auf Philinens Koffer, man gab Wilhelmen zu verſtehen, er habe wahrlich nicht übel gethan, ſich mit dieſer Schönen zu aſſociiren, und durch ihr Glück auch ſeine Habſeligkeiten zu retten. Glaubt ihr denn, rief er endlich aus, daß ich etwas Eignes haben werde, ſo lange ihr darbt, und iſt es wohl das erſtemal, daß ich in der Noth mit euch redlich theile? Man öffne den Koffer, und was mein iſt, will ich zum öffentlichen Bedürfniß niederlegen. Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/251
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/251>, abgerufen am 22.11.2024.