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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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Ursache es wolle, den wahren Nahmen ver¬
schwiegen habe.

Wilhelm, der nun einmal sich in der
Nähe der Schönen glaubte, hoffte einige
Nachricht von ihr zu erhalten, wenn er den
Harfenspieler abschickte; aber auch diese Hoff¬
nung ward getäuscht. So sehr der Alte sich
auch erkundigte, konnte er doch auf keine
Spur kommen. In jenen Tagen waren ver¬
schiedene lebhafte Bewegungen und unvor¬
gesehene Durchmärsche in diesen Gegenden
vorgefallen, niemand hatte auf die reisende
Gesellschaft besonders Acht gegeben, so daß
der ausgesendete Bote, um nicht für einen
jüdischen Spion angesehn zu werden, wieder
zurück gehen und ohne Oelblatt vor seinem
Herrn und Freund erscheinen mußte. Er
legte strenge Rechenschaft ab, wie er den
Auftrag auszurichten gesucht, und war be¬
müht, allen Verdacht einer Nachlässigkeit von

Urſache es wolle, den wahren Nahmen ver¬
ſchwiegen habe.

Wilhelm, der nun einmal ſich in der
Nähe der Schönen glaubte, hoffte einige
Nachricht von ihr zu erhalten, wenn er den
Harfenſpieler abſchickte; aber auch dieſe Hoff¬
nung ward getäuſcht. So ſehr der Alte ſich
auch erkundigte, konnte er doch auf keine
Spur kommen. In jenen Tagen waren ver¬
ſchiedene lebhafte Bewegungen und unvor¬
geſehene Durchmärſche in dieſen Gegenden
vorgefallen, niemand hatte auf die reiſende
Geſellſchaft beſonders Acht gegeben, ſo daß
der ausgeſendete Bote, um nicht für einen
jüdiſchen Spion angeſehn zu werden, wieder
zurück gehen und ohne Oelblatt vor ſeinem
Herrn und Freund erſcheinen mußte. Er
legte ſtrenge Rechenſchaft ab, wie er den
Auftrag auszurichten geſucht, und war be¬
müht, allen Verdacht einer Nachläſſigkeit von

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[261/0269] Urſache es wolle, den wahren Nahmen ver¬ ſchwiegen habe. Wilhelm, der nun einmal ſich in der Nähe der Schönen glaubte, hoffte einige Nachricht von ihr zu erhalten, wenn er den Harfenſpieler abſchickte; aber auch dieſe Hoff¬ nung ward getäuſcht. So ſehr der Alte ſich auch erkundigte, konnte er doch auf keine Spur kommen. In jenen Tagen waren ver¬ ſchiedene lebhafte Bewegungen und unvor¬ geſehene Durchmärſche in dieſen Gegenden vorgefallen, niemand hatte auf die reiſende Geſellſchaft beſonders Acht gegeben, ſo daß der ausgeſendete Bote, um nicht für einen jüdiſchen Spion angeſehn zu werden, wieder zurück gehen und ohne Oelblatt vor ſeinem Herrn und Freund erſcheinen mußte. Er legte ſtrenge Rechenſchaft ab, wie er den Auftrag auszurichten geſucht, und war be¬ müht, allen Verdacht einer Nachläſſigkeit von

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/269>, abgerufen am 22.11.2024.