bey der Unruhe des Laertes, der ihn überall mit herumschleppte, den anschaulichsten Be¬ griff eines großen Mittelpunktes, woher al¬ les ausfließt, und wohin alles zurückkehrt, und es war das erstemal, daß sein Geist im Anschauen dieser Art von Thätigkeit sich wirklich ergetzte. In diesem Zustande hatte ihm Serlo den Antrag gethan, und seine Wünsche, seine Neigung, sein Zutrauen auf ein angebornes Talent, und seine Verpflich¬ tung gegen die hülflose Gesellschaft wieder rege gemacht.
Da steh ich nun, sagte er zu sich selbst, abermals am Scheidewege zwischen den bei¬ den Frauen, die mir in meiner Jugend er¬ schienen. Die eine sieht nicht mehr so küm¬ merlich aus, wie damals, und die andere nicht so prächtig. Der einen wie der andern zu folgen fühlst du eine Art von innern Be¬ ruf, und von beiden Seiten sind die äussern
bey der Unruhe des Laertes, der ihn überall mit herumſchleppte, den anſchaulichſten Be¬ griff eines großen Mittelpunktes, woher al¬ les ausfließt, und wohin alles zurückkehrt, und es war das erſtemal, daß ſein Geiſt im Anſchauen dieſer Art von Thätigkeit ſich wirklich ergetzte. In dieſem Zuſtande hatte ihm Serlo den Antrag gethan, und ſeine Wünſche, ſeine Neigung, ſein Zutrauen auf ein angebornes Talent, und ſeine Verpflich¬ tung gegen die hülfloſe Geſellſchaft wieder rege gemacht.
Da ſteh ich nun, ſagte er zu ſich ſelbſt, abermals am Scheidewege zwiſchen den bei¬ den Frauen, die mir in meiner Jugend er¬ ſchienen. Die eine ſieht nicht mehr ſo küm¬ merlich aus, wie damals, und die andere nicht ſo prächtig. Der einen wie der andern zu folgen fühlſt du eine Art von innern Be¬ ruf, und von beiden Seiten ſind die äuſſern
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bey der Unruhe des Laertes, der ihn überall
mit herumſchleppte, den anſchaulichſten Be¬
griff eines großen Mittelpunktes, woher al¬
les ausfließt, und wohin alles zurückkehrt,
und es war das erſtemal, daß ſein Geiſt im
Anſchauen dieſer Art von Thätigkeit ſich
wirklich ergetzte. In dieſem Zuſtande hatte
ihm Serlo den Antrag gethan, und ſeine
Wünſche, ſeine Neigung, ſein Zutrauen auf
ein angebornes Talent, und ſeine Verpflich¬
tung gegen die hülfloſe Geſellſchaft wieder
rege gemacht.
Da ſteh ich nun, ſagte er zu ſich ſelbſt,
abermals am Scheidewege zwiſchen den bei¬
den Frauen, die mir in meiner Jugend er¬
ſchienen. Die eine ſieht nicht mehr ſo küm¬
merlich aus, wie damals, und die andere
nicht ſo prächtig. Der einen wie der andern
zu folgen fühlſt du eine Art von innern Be¬
ruf, und von beiden Seiten ſind die äuſſern
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/370>, abgerufen am 21.11.2024.
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