Ein starker Regen, der unerwartet einfiel, konnte sie nicht aus diesen angenehmen Em¬ pfindungen reissen; da er aber immer anhal¬ tender und stärker wurde, spürten viele von ihnen eine ziemliche Unbequemlichkeit. Die Nacht kam herbey, und erwünschter konnte ihnen nichts erscheinen, als der durch alle Stockwerke erleuchtete Pallast des Grafen, der ihnen von einem Hügel entgegen glänzte, so daß sie die Fenster zählen konnten.
Als sie näher heran kamen, fanden sie auch alle Fenster der Seitengebäude erhellet. Ein jeder dachte bey sich, welches wohl sein Zimmer werden möchte? und die meisten be¬ gnügten sich bescheiden mit einer Stube im Mansarde oder in den Flügeln.
Nun fuhren sie durch das Dorf und am Wirthshause vorbey. Wilhelm ließ halten, um dort abzusteigen; allein der Wirth ver¬ sicherte, daß er ihm nicht den geringsten
Ein ſtarker Regen, der unerwartet einfiel, konnte ſie nicht aus dieſen angenehmen Em¬ pfindungen reiſſen; da er aber immer anhal¬ tender und ſtärker wurde, ſpürten viele von ihnen eine ziemliche Unbequemlichkeit. Die Nacht kam herbey, und erwünſchter konnte ihnen nichts erſcheinen, als der durch alle Stockwerke erleuchtete Pallaſt des Grafen, der ihnen von einem Hügel entgegen glänzte, ſo daß ſie die Fenſter zählen konnten.
Als ſie näher heran kamen, fanden ſie auch alle Fenſter der Seitengebäude erhellet. Ein jeder dachte bey ſich, welches wohl ſein Zimmer werden möchte? und die meiſten be¬ gnügten ſich beſcheiden mit einer Stube im Manſarde oder in den Flügeln.
Nun fuhren ſie durch das Dorf und am Wirthshauſe vorbey. Wilhelm ließ halten, um dort abzuſteigen; allein der Wirth ver¬ ſicherte, daß er ihm nicht den geringſten
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Ein ſtarker Regen, der unerwartet einfiel,
konnte ſie nicht aus dieſen angenehmen Em¬
pfindungen reiſſen; da er aber immer anhal¬
tender und ſtärker wurde, ſpürten viele von
ihnen eine ziemliche Unbequemlichkeit. Die
Nacht kam herbey, und erwünſchter konnte
ihnen nichts erſcheinen, als der durch alle
Stockwerke erleuchtete Pallaſt des Grafen,
der ihnen von einem Hügel entgegen glänzte,
ſo daß ſie die Fenſter zählen konnten.
Als ſie näher heran kamen, fanden ſie
auch alle Fenſter der Seitengebäude erhellet.
Ein jeder dachte bey ſich, welches wohl ſein
Zimmer werden möchte? und die meiſten be¬
gnügten ſich beſcheiden mit einer Stube im
Manſarde oder in den Flügeln.
Nun fuhren ſie durch das Dorf und am
Wirthshauſe vorbey. Wilhelm ließ halten,
um dort abzuſteigen; allein der Wirth ver¬
ſicherte, daß er ihm nicht den geringſten
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/47>, abgerufen am 24.11.2024.
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