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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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Kniee bald wider den Kopf schlug, bald
schüttelnd die Schellen allein klingen ließ,
und so aus dem einfachsten Instrumente gar
verschiedene Töne hervorlockte. Nachdem sie
lange gelärmt hatten, setzten sie sich in einen
Lehnsessel, der gerade Wilhelmen gegenüber
am Tische leer geblieben war.

Bleibt von dem Sessel weg! rief Serlo,
er steht vermuthlich für den Geist da; wenn
er kommt, kanns euch übel gehen.

Ich fürchte ihn nicht, rief Mignon;
kommt er, so stehen wir auf. Es ist mein
Oheim, er thut mir nichts zu leide. Diese
Rede verstand niemand, als wer wußte, daß
sie ihren vermeintlichen Vater den großen
Teufel genannt hatte.

Die Gesellschaft sah einander an, und
ward noch mehr in dem Verdacht bestärkt,
daß Serlo um die Erscheinung des Geistes
wisse. Man schwatzte und trank und die

Kniee bald wider den Kopf ſchlug, bald
ſchüttelnd die Schellen allein klingen ließ,
und ſo aus dem einfachſten Inſtrumente gar
verſchiedene Töne hervorlockte. Nachdem ſie
lange gelärmt hatten, ſetzten ſie ſich in einen
Lehnſeſſel, der gerade Wilhelmen gegenüber
am Tiſche leer geblieben war.

Bleibt von dem Seſſel weg! rief Serlo,
er ſteht vermuthlich für den Geiſt da; wenn
er kommt, kanns euch übel gehen.

Ich fürchte ihn nicht, rief Mignon;
kommt er, ſo ſtehen wir auf. Es iſt mein
Oheim, er thut mir nichts zu leide. Dieſe
Rede verſtand niemand, als wer wußte, daß
ſie ihren vermeintlichen Vater den großen
Teufel genannt hatte.

Die Geſellſchaft ſah einander an, und
ward noch mehr in dem Verdacht beſtärkt,
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wiſſe. Man ſchwatzte und trank und die

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[123/0129] Kniee bald wider den Kopf ſchlug, bald ſchüttelnd die Schellen allein klingen ließ, und ſo aus dem einfachſten Inſtrumente gar verſchiedene Töne hervorlockte. Nachdem ſie lange gelärmt hatten, ſetzten ſie ſich in einen Lehnſeſſel, der gerade Wilhelmen gegenüber am Tiſche leer geblieben war. Bleibt von dem Seſſel weg! rief Serlo, er ſteht vermuthlich für den Geiſt da; wenn er kommt, kanns euch übel gehen. Ich fürchte ihn nicht, rief Mignon; kommt er, ſo ſtehen wir auf. Es iſt mein Oheim, er thut mir nichts zu leide. Dieſe Rede verſtand niemand, als wer wußte, daß ſie ihren vermeintlichen Vater den großen Teufel genannt hatte. Die Geſellſchaft ſah einander an, und ward noch mehr in dem Verdacht beſtärkt, daß Serlo um die Erſcheinung des Geiſtes wiſſe. Man ſchwatzte und trank und die

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/129>, abgerufen am 15.05.2024.