Ich ging wieder zu meinem Verwunde¬ ten, band ihm mein Schnupftuch um die Hand und ein Handtuch das an der Thüre hing, um den Kopf. Er blutete noch immer heftig, kein Wundarzt kam, der Verwunde¬ te erblaßte und schien in Ohnmacht zu sin¬ ken. Niemand war in der Nähe, der mir hätte beystehen können; ich nahm ihn sehr ungezwungen in den Arm und suchte ihn durch Streicheln und Schmeicheln aufzumun¬ tern. Es schien die Wirkung eines geistigen Lebensmittels zu thun; er blieb bey sich, aber saß todtenbleich da.
Nun kam endlich die thätige Hausfrau und wie erschrak sie nicht, als sie den Freund in dieser Gestalt in meinen Armen liegen und uns alle beyde mit Blut überströmt sahe, denn niemand hatte sich vorgestellt, daß Narciß verwundet sey, alle meynten, ich habe ihn glücklich hinaus gebracht.
Ich ging wieder zu meinem Verwunde¬ ten, band ihm mein Schnupftuch um die Hand und ein Handtuch das an der Thüre hing, um den Kopf. Er blutete noch immer heftig, kein Wundarzt kam, der Verwunde¬ te erblaßte und ſchien in Ohnmacht zu ſin¬ ken. Niemand war in der Nähe, der mir hätte beyſtehen können; ich nahm ihn ſehr ungezwungen in den Arm und ſuchte ihn durch Streicheln und Schmeicheln aufzumun¬ tern. Es ſchien die Wirkung eines geiſtigen Lebensmittels zu thun; er blieb bey ſich, aber ſaß todtenbleich da.
Nun kam endlich die thätige Hausfrau und wie erſchrak ſie nicht, als ſie den Freund in dieſer Geſtalt in meinen Armen liegen und uns alle beyde mit Blut überſtrömt ſahe, denn niemand hatte ſich vorgeſtellt, daß Narciß verwundet ſey, alle meynten, ich habe ihn glücklich hinaus gebracht.
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Ich ging wieder zu meinem Verwunde¬
ten, band ihm mein Schnupftuch um die
Hand und ein Handtuch das an der Thüre
hing, um den Kopf. Er blutete noch immer
heftig, kein Wundarzt kam, der Verwunde¬
te erblaßte und ſchien in Ohnmacht zu ſin¬
ken. Niemand war in der Nähe, der mir
hätte beyſtehen können; ich nahm ihn ſehr
ungezwungen in den Arm und ſuchte ihn
durch Streicheln und Schmeicheln aufzumun¬
tern. Es ſchien die Wirkung eines geiſtigen
Lebensmittels zu thun; er blieb bey ſich,
aber ſaß todtenbleich da.
Nun kam endlich die thätige Hausfrau
und wie erſchrak ſie nicht, als ſie den Freund
in dieſer Geſtalt in meinen Armen liegen
und uns alle beyde mit Blut überſtrömt
ſahe, denn niemand hatte ſich vorgeſtellt,
daß Narciß verwundet ſey, alle meynten, ich
habe ihn glücklich hinaus gebracht.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/239>, abgerufen am 09.11.2024.
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