freyen Lauf. Ich zeigte ihm, wie sehr ich Narcissen liebte, und welchen Zwang ich mir seit zwey Jahren angethan hatte, wie ge¬ wiß ich sey, daß ich recht handle, daß ich bereit sey diese Gewißheit mit dem Verlust des geliebten Bräutigams und anscheinenden Glücks, ja wenn es nöthig wäre, mit Haab und Gut zu versiegeln; daß ich lieber mein Vaterland, Eltern und Freunde verlassen, und mein Brod in der Fremde verdienen, als gegen meine Einsichten handeln wollte. Er verbarg seine Rührung, schwieg einige Zeit stille und erklärte sich endlich öffentlich für mich.
Narciß vermied seit jener Zeit unser Haus, und nun gab mein Vater die wöchentliche Gesellschaft auf, in der sich dieser befand. Die Sache machte Aufsehn bey Hofe und in der Stadt. Man sprach darüber wie ge¬ wöhnlich in solchen Fällen, an denen das
freyen Lauf. Ich zeigte ihm, wie ſehr ich Narciſſen liebte, und welchen Zwang ich mir ſeit zwey Jahren angethan hatte, wie ge¬ wiß ich ſey, daß ich recht handle, daß ich bereit ſey dieſe Gewißheit mit dem Verluſt des geliebten Bräutigams und anſcheinenden Glücks, ja wenn es nöthig wäre, mit Haab und Gut zu verſiegeln; daß ich lieber mein Vaterland, Eltern und Freunde verlaſſen, und mein Brod in der Fremde verdienen, als gegen meine Einſichten handeln wollte. Er verbarg ſeine Rührung, ſchwieg einige Zeit ſtille und erklärte ſich endlich öffentlich für mich.
Narciß vermied ſeit jener Zeit unſer Haus, und nun gab mein Vater die wöchentliche Geſellſchaft auf, in der ſich dieſer befand. Die Sache machte Aufſehn bey Hofe und in der Stadt. Man ſprach darüber wie ge¬ wöhnlich in ſolchen Fällen, an denen das
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freyen Lauf. Ich zeigte ihm, wie ſehr ich
Narciſſen liebte, und welchen Zwang ich mir
ſeit zwey Jahren angethan hatte, wie ge¬
wiß ich ſey, daß ich recht handle, daß ich
bereit ſey dieſe Gewißheit mit dem Verluſt
des geliebten Bräutigams und anſcheinenden
Glücks, ja wenn es nöthig wäre, mit Haab
und Gut zu verſiegeln; daß ich lieber mein
Vaterland, Eltern und Freunde verlaſſen,
und mein Brod in der Fremde verdienen,
als gegen meine Einſichten handeln wollte.
Er verbarg ſeine Rührung, ſchwieg einige
Zeit ſtille und erklärte ſich endlich öffentlich
für mich.
Narciß vermied ſeit jener Zeit unſer Haus,
und nun gab mein Vater die wöchentliche
Geſellſchaft auf, in der ſich dieſer befand.
Die Sache machte Aufſehn bey Hofe und in
der Stadt. Man ſprach darüber wie ge¬
wöhnlich in ſolchen Fällen, an denen das
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 269[267]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/273>, abgerufen am 06.01.2025.
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