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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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gen und Handlungen auf eine sonderbare
Weise von ihrer natürlichen und guten Rich¬
tung abgelenkt werden; aber gewisse Pflich¬
ten sollten wir niemals aus den Augen setzen.
Die Asche der Freundin ruhe sanft, wir wol¬
len, ohne uns zu schelten und sie zu tadeln,
mitleidig Blumen auf ihr Grab streuen. Aber
bey dem Grabe, in welchem die unglückliche
Mutter ruht, lassen Sie mich fragen, war¬
um sie sich des Kindes nicht annehmen? ei¬
nes Sohnes, dessen sich jedermann erfreuen
würde, und den sie ganz und gar zu ver¬
nachläßigen scheinen. Wie können Sie, bey
Ihren reinen und zarten Gefühlen, das Herz
eines Vaters gänzlich verleugnen? Sie ha¬
ben diese ganze Zeit noch mit keiner Sylbe
an das köstliche Geschöpf gedacht, von des¬
sen Anmuth so viel zu erzählen wäre.

Von wem reden Sie? versetzte Lothario,
ich verstehe Sie nicht.

gen und Handlungen auf eine ſonderbare
Weiſe von ihrer natürlichen und guten Rich¬
tung abgelenkt werden; aber gewiſſe Pflich¬
ten ſollten wir niemals aus den Augen ſetzen.
Die Aſche der Freundin ruhe ſanft, wir wol¬
len, ohne uns zu ſchelten und ſie zu tadeln,
mitleidig Blumen auf ihr Grab ſtreuen. Aber
bey dem Grabe, in welchem die unglückliche
Mutter ruht, laſſen Sie mich fragen, war¬
um ſie ſich des Kindes nicht annehmen? ei¬
nes Sohnes, deſſen ſich jedermann erfreuen
würde, und den ſie ganz und gar zu ver¬
nachläßigen ſcheinen. Wie können Sie, bey
Ihren reinen und zarten Gefühlen, das Herz
eines Vaters gänzlich verleugnen? Sie ha¬
ben dieſe ganze Zeit noch mit keiner Sylbe
an das köſtliche Geſchöpf gedacht, von deſ¬
ſen Anmuth ſo viel zu erzählen wäre.

Von wem reden Sie? verſetzte Lothario,
ich verſtehe Sie nicht.

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[132/0136] gen und Handlungen auf eine ſonderbare Weiſe von ihrer natürlichen und guten Rich¬ tung abgelenkt werden; aber gewiſſe Pflich¬ ten ſollten wir niemals aus den Augen ſetzen. Die Aſche der Freundin ruhe ſanft, wir wol¬ len, ohne uns zu ſchelten und ſie zu tadeln, mitleidig Blumen auf ihr Grab ſtreuen. Aber bey dem Grabe, in welchem die unglückliche Mutter ruht, laſſen Sie mich fragen, war¬ um ſie ſich des Kindes nicht annehmen? ei¬ nes Sohnes, deſſen ſich jedermann erfreuen würde, und den ſie ganz und gar zu ver¬ nachläßigen ſcheinen. Wie können Sie, bey Ihren reinen und zarten Gefühlen, das Herz eines Vaters gänzlich verleugnen? Sie ha¬ ben dieſe ganze Zeit noch mit keiner Sylbe an das köſtliche Geſchöpf gedacht, von deſ¬ ſen Anmuth ſo viel zu erzählen wäre. Von wem reden Sie? verſetzte Lothario, ich verſtehe Sie nicht.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/136>, abgerufen am 21.11.2024.