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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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gleich für Lothario's Wohnung hielt. Ein
altes unregelmäßiges Schloß, mit einigen
Thürmen und Giebeln, schien die erste An¬
lage dazu gewesen zu seyn, allein noch un¬
regelmäßiger waren die neuen Angebäude,
die theils nah, theils in einiger Entfernung
davon errichtet, mit dem Hauptgebäude durch
Gallerien und bedeckte Gänge zusammenhin¬
gen. Alle äußere Symmetrie, jedes archi¬
tectonische Ansehn, schien dem Bedürfniß
der innern Bequemlichkeit aufgeopfert zu
seyn. Weder eine Spur von Wall und
Graben war zu sehen, eben so wenig als
von künstlichen Gärten und großen Alleen.
Ein Gemüse- und Baumgarten drang bis
an die Häuser hinan und kleine nutzbare
Gärten waren selbst in den Zwischenräumen
angelegt. Ein heiteres Dörfchen lag in ei¬
niger Entfernung, Gärten und Felder schie¬
nen durchaus in dem besten Zustande.

gleich für Lothario’s Wohnung hielt. Ein
altes unregelmäßiges Schloß, mit einigen
Thürmen und Giebeln, ſchien die erſte An¬
lage dazu geweſen zu ſeyn, allein noch un¬
regelmäßiger waren die neuen Angebäude,
die theils nah, theils in einiger Entfernung
davon errichtet, mit dem Hauptgebäude durch
Gallerien und bedeckte Gänge zuſammenhin¬
gen. Alle äußere Symmetrie, jedes archi¬
tectoniſche Anſehn, ſchien dem Bedürfniß
der innern Bequemlichkeit aufgeopfert zu
ſeyn. Weder eine Spur von Wall und
Graben war zu ſehen, eben ſo wenig als
von künſtlichen Gärten und großen Alleen.
Ein Gemüſe– und Baumgarten drang bis
an die Häuſer hinan und kleine nutzbare
Gärten waren ſelbſt in den Zwiſchenräumen
angelegt. Ein heiteres Dörfchen lag in ei¬
niger Entfernung, Gärten und Felder ſchie¬
nen durchaus in dem beſten Zuſtande.

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[12/0016] gleich für Lothario’s Wohnung hielt. Ein altes unregelmäßiges Schloß, mit einigen Thürmen und Giebeln, ſchien die erſte An¬ lage dazu geweſen zu ſeyn, allein noch un¬ regelmäßiger waren die neuen Angebäude, die theils nah, theils in einiger Entfernung davon errichtet, mit dem Hauptgebäude durch Gallerien und bedeckte Gänge zuſammenhin¬ gen. Alle äußere Symmetrie, jedes archi¬ tectoniſche Anſehn, ſchien dem Bedürfniß der innern Bequemlichkeit aufgeopfert zu ſeyn. Weder eine Spur von Wall und Graben war zu ſehen, eben ſo wenig als von künſtlichen Gärten und großen Alleen. Ein Gemüſe– und Baumgarten drang bis an die Häuſer hinan und kleine nutzbare Gärten waren ſelbſt in den Zwiſchenräumen angelegt. Ein heiteres Dörfchen lag in ei¬ niger Entfernung, Gärten und Felder ſchie¬ nen durchaus in dem beſten Zuſtande.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/16>, abgerufen am 21.11.2024.